REUTLINGEN. Die Erleichterung nach der Wahl zur neuen Vorsitzenden der Frauen Union der CDU war Nina Warken am Samstag in der Reutlinger Stadthalle deutlich anzusehen. Die Bundesgesundheitsministerin setzte sich in einer Kampfkandidatur mit 62,1 Prozent der Stimmen gegen Ina Scharrenbach, Bauministerin aus Nordrhein-Westfalen, durch. Die 46-jährige Tauberbischofsheimerin ist damit Nachfolgerin von Annette Widmann-Mauz, ehemalige Bundestagsabgeordnete aus Tübingen, die zuvor zehn Jahre lang den FU-Vorsitz innehatte. Damit ist erneut eine Baden-Württembergerin an der Spitze der Frauen Union.
Eine spannende Wahl, Polit-Prominenz und große Emotionen. Der 36. Bundesdelegiertentag der Frauen Union hatte tatsächlich einiges zu bieten. Bevor Annette Widmann-Mauz ihre letzte Rede als Vorsitzende hielt, stellte sich CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann den weiblichen Delegierten. Linnemann hatte für die Frauen in der Union viele lobende Worte im Gepäck, würdigte ihren Anteil an der erfolgreichen Bundestagswahl und dankte Widmann-Mauz für zehn Jahre »Einsatz, Beharrlichkeit und Mut«. Der Anspruch der CDU, Frauen in Top-Positionen zu sehen, sei aber trotz der neuen Ministerinnen noch »nicht ausgeschöpft«, musste der Nordrhein-Westfale eingestehen und fügte zur Freude der weiblichen Delegierten an: »Wir brauchen mehr Frauen sichtbar in Führungspositionen.«
Spannende Wahl und Emotionen beim Abschied
Auch die neue Bildungs- und Familienministerin Karin Prien kritisierte die ungleichen Machtverhältnisse später auf der Bühne und sagte: »Die Positionen, die mit der Durchsetzung von Macht verbunden sind, sind nach wie vor auch in der CDU, in Partei und Funktionen fast ausschließlich von Männern besetzt.« Diesen Zustand könnte und sollte sich die CDU nicht leisten, so Prien, Positionen müssten daher »perspektivisch paritätisch besetzt sein«.
Und natürlich drehte sich auch die mit Spannung erwartete Rede der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, mit der sie sich im Rennen um den FU-Vorsitz durchsetzte, um die Gleichstellung der Geschlechter innerhalb der CDU. »Gemeinsam stark« sei das Motto, unter dem sie den Vorsitz der Frauen Union übernehmen wolle, so die Politikerin, die als enge Vertraute von Bundeskanzler Friedrich Merz gilt. Sie wolle den Verband auf Erneuerungskurs führen, »vom Kabinettstisch als Brückenbauerin« die Anliegen der Frauen weiter voranbringen. »Die Frauen Union ist ein großer Schatz der CDU und der Garant dafür, dass wir auch in Zukunft Volkspartei bleiben«, unterstrich Warken und erhielt dafür großen Beifall. Bundestagsfraktion und Parteigremien seien immer noch stark männlich dominiert, hier müsse sich etwas ändern. Bilder von rein männlich besetzten Parteigremien, wie nach der Bundestagswahl, wolle sie keine mehr sehen, »und ich habe auch keine Scheu, das dem Generalsekretär, dem Fraktionsvorsitzenden und dem Parteivorsitzenden zu sagen«, machte Warken in ihrer Rede klar.
Kampf um Gleichstellung der Geschlechter in der CDU
Die Zukunft der Frauen Union heißt also Nina Warken, doch beim Delegiertentag ging es auch immer wieder um die Würdigung von Annette Widmann-Mauz, die 20 Jahre an der Spitze der Frauen Union in Baden-Württemberg stand, danach zehn Jahre lang den Bundesvorsitz innehatte. AWM, wie sie von Parteifreunden gerne genannt wird, zieht sich aus der aktiven Parteipolitik zurück, ihren letzten Auftritt als Vorsitzende nutzte sie, um auf Erreichtes, aber auch auf Themen, wie das Sexkaufverbot einzugehen, für das sie sich schon lange stark macht. »Solange es in Deutschland möglich und akzeptiert ist, dass Männer gegen Bezahlung den Körper einer Frau für ihre sexuellen Bedürfnisse benutzen können, solange brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn Frauen grundlegende Rechte abgesprochen werden«, sagte die ehemalige Bundestagsabgeordnete.
Lobende Worte fand Widmann-Mauz für den Frauenanteil in Präsidium und CDU-Bundesvorstand, der mittlerweile bei 44 Prozent liege. »44 Prozent Frauenanteil auch im neuen Bundeskabinett - das lässt sich sehen und wir freuen uns und sind stolz auf jede unserer Ministerinnen«, sagte sie. In anderen Bereichen bliebe die Union in Sachen Parität aber unter ihren Möglichkeiten. Unter großem Jubel stellte die Politikerin klar: »Die Frauen Union ist keine Cheerleader-Gruppe in der politischen Bundesliga und unsere Frauen auch keine Groupies männlicher Polit-Stars.«
Keine Groupies der männlichen Polit-Stars
Die FU-Landesvorsitzende aus Baden-Württemberg Susanne Wetterich sagte dem GEA: »Wir haben mit Annette Widmann-Mauz viel erreicht. Die Frauen in der Union sind aber noch nicht da, wo sie sein sollten.« Frauen in verantwortungsvollen Positionen müssten in der Union zur Selbstverständlichkeit werden, diese Selbstverständlichkeit gebe es in der CDU aber noch nicht, so Wetterich.
Der emotionale Höhepunkt war am Nachmittag die Wahl von Widmann-Mauz zur Ehrenvorsitzenden der Frauen Union. Die langjährige Tübinger Abgeordnete reagierte auf die Wahl mit Tränen der Rührung. Nach den Ehrenvorsitzenden Rita Süssmuth und Maria Böhmer ist sie nun die Dritte in dieser Runde. Auf GEA-Nachfrage sagte Widmann-Mauz, sie freue sich riesig über die Wahl von Nina Warken, diese werde eine »sehr starke« Vorsitzende der Frauen Union sein. Trotz der eigenen Rührung über die Wahl zur Ehrenvorsitzenden, empfinde sie aber keine Wehmut: »Der Abschied aus der aktiven Politik war selbstbestimmt, für mich war es der richtige Zeitpunkt.« (GEA)