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Gemeinderat Tübingen stimmt für neuen Haushalt - weiter tiefrote Zahlen

Nachdem das Regierungspräsidium Tübingen den Haushaltsplan der Universitätsstadt für das laufende Jahr nicht genehmigt hatte, war die Not groß. Nach weiteren massiven Einsparungen und Steuererhöhungen wurde das neue Zahlenwerk im Gemeinderat verabschiedet.

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Eurobanknoten in einer Geldkassette. (Symbolbild) Foto: Patrick Pleul
Eurobanknoten in einer Geldkassette. (Symbolbild)
Foto: Patrick Pleul

TÜBINGEN. Am Ende soll alles wie am Schnürchen laufen: Als der Tübinger Gemeinderat den überarbeiteten Haushaltsentwurf mit 21 Ja-Stimmen (hauptsächlich aus den Fraktionen AL/Grüne und SPD), bei zwei Enthaltungen und 15 Gegenstimmen verabschiedet hatte, verschickte die Pressestelle der Stadt umgehend eine vorbereitete Pressemitteilung. Auch in den kommenden Wochen soll es schnell gehen; so soll der gesamte Haushaltsplan noch in der nächsten Woche an das Regierungspräsidium übersandt werden. Dann rechnet die Stadt damit, Ende September einen genehmigten Haushalt für das laufende Jahr zu erhalten. »So spät im Jahr ist durchaus unüblich«, kommentierte Oberbürgermeister Boris Palmer die Situation.

Der große Schlag traf die Unistadt Ende April: Das Regierungspräsidium teilte der Stadt mit, den Haushaltsentwurf nicht zu genehmigen. Der Grund: die wirtschaftliche Lage. Die Gewerbesteuer-Prognose war um zwölf Millionen Euro eingebrochen, bei der Grundsteuer wurde nach der Reform ein Minus von zwei Millionen Euro errechnet. Die Ablehnung des Haushaltes hatte ernste Folgen: So darf die Stadtverwaltung derzeit nur die allernötigsten Investitionen vorantreiben und muss jede einzelne Ausgabe prüfen. Im Mittelpunkt steht die Funktionalität der Behörden, an vielen anderen Stellen können Mittel nicht freigegeben werden.

Gelder werden nicht freigegeben

Dies bekam auch der Jugendgemeinderat (JGR) zu spüren, über den in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates ebenfalls gesprochen wurde. Diskutiert wurde dabei über den Anteil des JGR-Etats, den die Nachwuchspolitiker an externe Organisationen als Zuschüsse vergeben dürfen. Am Ende stimmte eine Gemeinderatsmehrheit für 50 Prozent und betonte damit den Handlungsspielraum der Jugendvertretung. In der Diskussion wurde aber deutlich, dass das Gremium gerade andere Probleme hat. Viele Gelder sind de facto eingefroren, da der Jugendgemeinderat für das Funktionieren der Stadtverwaltung als Behörde nicht essenziell ist. Die Haushaltssperre trifft damit auch den Jugendgemeinderat.

Auch Neueinstellungen in der Stadtverwaltung sind derzeit kaum möglich, weshalb die Stadt im laufenden Jahr 600.000 Euro Einsparungen bei den Personalkosten in den neuen Haushaltsplan reinrechnen konnte. Die Lage ist so ernst, dass auch der Gemeinderat beschlossen hat, sein Scherflein zur Finanzlage der Stadt beizutragen: Ohne weitere Diskussion entschieden die Ratsmitglieder einstimmig, ihre Sitzungsgelder zu reduzieren. 25.000 Euro sollen so eingespart werden. Zu einem genehmigungsfähigen Haushalt fehlen dennoch Millionen, weshalb das Gremium kürzlich auch rückwirkende Steuererhöhungen beschlossen hat: Durch einen höheren Hebesatz bei der Grundsteuer B sollen nun 3,6 Millionen Euro eingenommen werden, auch die Erhöhung der Gewerbesteuer soll einen Millionenbetrag einbringen. Bei den geplanten Investitionen werden im neuen Haushaltsentwurf neun Millionen Euro eingespart, weil Projekte in die Zukunft verschoben wurden. Die geplante Kreditaufnahme wird damit um sieben Millionen Euro reduziert.

Weiter in tiefroten Zahlen

Dennoch zeigen die Zahlen die Schieflage der kommunalen Finanzen in der Unistadt: Das Defizit im Ergebnishaushalt beläuft sich auf 24,5 Millionen Euro, die Liquidität der Stadt sinkt gar um 29 Millionen Euro. Das Gesamtvolumen des Tübinger Haushaltes liegt bei 446 Millionen Euro. Über den Berg ist die Unistadt mit dem neuen Haushalt also keineswegs. Dies war auch den Gemeinderäten bewusst. Florian Zarnetta (SPD) sprach davon, dass der »Weg der Konsolidierung« noch nicht am Ende sei. »Das muss auch der Tübinger Bevölkerung klar sein.« Annette Schmidt (AL/Grüne) rief die Gemeinderäte zum Schulterschluss auf: »Wir werden schwierige Diskussionen haben. Jede Fraktion wird Federn lassen müssen.« Thomas Unger (Tübinger Liste) forderte gar eine Konzentration auf die gesetzlichen Pflichtaufgaben der Stadt.

Gegen den Haushalt stimmte die Links-Fraktion, die vor allem die Erhöhung der Grundsteuer monierte. Stattdessen hätte man die »Gewerbesteuer ohne Schaden weiter erhöhen können«, so Tom Besenfelder. Für die FDP kritisierte Anne Kreim, dass sich für die notwendigen Einsparungen keine Mehrheiten gefunden hätten. Die CDU wiederum lehnte den Haushalt aufgrund der vorangegangenen Steuererhöhungen pauschal ab. CDU-Sprecherin Julia Mayer empfahl den Räten - angesichts der in Bälde beginnenden Haushaltsberatungen für das Jahr 2026 - eine kuriose Sommerlektüre: »Der 800-seitige Haushalt lässt sich prima an alle Orte der Welt mitnehmen.«

Oberbürgermeister Boris Palmer war am Ende erleichtert über die Entscheidung des Gemeinderates. »Das Regierungspräsidium hatte bereits unser erstes Konsolidierungspaket Anfang des Jahres ausdrücklich gewürdigt. Die jetzt noch hinzugekommenen Einsparungen sind ein großer Kraftakt, aber unausweichlich. Mir war es wichtig, die Belastungen zwischen den Beschäftigten der Stadt, den Steuerpflichtigen und den Leistungsempfängern in Tübingen möglichst ausgewogen zu verteilen«, sagte Palmer. »Mein Dank gilt der Mehrheit des Tübinger Gemeinderats, die in einer sehr herausfordernden Situation politische Verantwortung übernimmt und so dazu beiträgt, die Handlungsfähigkeit der Stadt zu sichern und Gestaltungsmöglichkeiten zu erhalten.« (GEA)