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Profiteur der Zwangsarisierung? Trigema-Chef Wolfgang Grupp widerspricht

Trigema-Chef Wolfgang Grupp fühlt sich zu Unrecht als Profiteur der Zwangsarisierung der jüdischen Trikotwarenfabrik Levy in Hechingen dargestellt.

Trigema-Chef Wolfgang Grupp. Foto: dpa
Trigema-Chef Wolfgang Grupp.
Foto: dpa

HECHINGEN/BURLADINGEN. Zum Tag der jüdischen Kultur hatte die Stadt Hechingen zu einer Führung über ihren jüdischen Friedhof eingeladen. Unter den noch erhaltenen 650 Grabsteinen liegen auch berühmte Persönlichkeiten begraben. Darunter der Industriepionier Carl Loewengard, der wie alle anderen jüdischen Unternehmer und Händler seine Firma an das NS-Regime zwangsverkaufen musste. Dessen Teilhaber Hermann Levy, zitierte der GEA den Stadtführer Jörg Küster, »gründete eine Trikotwarenfabrik, die ebenfalls 1937 ›zwangsarisiert‹ wurde – und heute unter dem Namen ›Trigema‹ bekannt ist«.

Diese Darstellung, so teilt nun der Burladinger Trigema-Alleininhaber Wolfgang Grupp mit, sei in dieser Kürze missverständlich. »Ich werde in den sozialen Netzwerken als Profiteur der NS-Enteignung kritisiert. Richtig ist, dass Hermann Levy meinem Großvater Josef Mayer seine Mechanische Trikotweberei in der Haigerlocher Straße in Hechingen angeboten und verkauft hat«, so Grupp in seiner Stellungnahme, »weil Levy erkennen musste, dass eine Zukunft für ihn unter diesem Regime in Deutschland nicht mehr möglich ist«.

Mayer, der 1931 in Burladingen das moderne Stammwerk seiner Mechanischen Trikotwarenfabriken Gebr. Mayer KG mit 800 Mitarbeitern errichtet hatte, war erst im Mai 1937 in die NSDAP eingetreten. Am 1. Juli erwarb Mayer den Textilbetrieb für 194 000 Reichsmark – was dem Konkurswert entsprach. Damit konnte er die eigenen Kapazitäten um eine Filiale erweitern, deren Fläche er überdies 1939 durch den Zukauf eines Grundstücks aus dem Besitz Levys vergrößerte.

Mayer, nach Kriegsende als harmloser »Mitläufer« eingestuft, akzeptierte 1952 eine von der Tübinger Wiedergutmachungsbehörde verhängte Entschädigungszahlung an die nach Südamerika emigrierte Witwe Alice Levy. Damit sollte der finanzielle Verlust der jüdischen Familie ihres niedrig bewerteten Betriebs wenigstens teilweise ausgeglichen werden. Franz Grupp, Schwiegersohn von Mayer, übernahm 1956 die Geschäfte. Als Trigema (Kurzform für: Trikotwaren, Gebrüder und Mayer) durch den stagnierenden Markt in finanzielle Probleme geriet, ging die Leitung 1969 von Franz an seinen Sohn Wolfgang über. »Mitte der 1970er Jahr löste ich die sanierungsbedürftige Hechinger Fabrik auf und verteilte die Mitarbeiter ortsnah auf eine unserer zwölf damaligen Filialen. 1978 wurde das Gebäude an die Firma Biedermann verkauft.«

Grupp strukturierte Trigema um, folgte bei der Produktion dem Trend zum (Tennis-)T-Shirt. Innerhalb weniger Jahre gelang es ihm, aus einem krisenhaften ein umsatzstarkes Unternehmen zu machen. »Ab 1975 wurde die gesamte Produktion mit 700 Beschäftigten in Burladingen zentriert, weitere 300 sind im Zweigwerk Altshausen, 200 in Rangendingen. Die Firma Levy und das Gebäude in Hechingen spielen für die gesamte Entwicklung von Trigema praktisch keine Rolle«, betont Grupp. (GEA)