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Reutlinger bunkerte Marihuana im Schlafzimmer - Urteil am Mittwoch

Reutlinger Familienvater zog seine beiden erwachsenen Kinder mit in seine Drogengeschäfte hinein.

Das Landgericht in Tübingen.
Das Gerichtsgebäude in Tübingen. Foto: Ralf Rittgeroth
Das Gerichtsgebäude in Tübingen.
Foto: Ralf Rittgeroth

REUTLINGEN/TÜBINGEN. Jahrelang nahm ein 57-jähriger Familienvater aus Reutlingen Drogen, meist Marihuana. Um seine Abhängigkeit finanzieren zu können, dealte er auch mit Betäubungsmitteln und stellte seine Wohnung als Marihuana-Bunker zur Verfügung. Die Rede ist von bis zu 100 Kilo, die zeitweise bei ihm unter anderem im Schlafzimmer für den Weiterverkauf lagerten. Schließlich zog er auch noch seinen Sohn und seine Tochter in die Dealerei mit hinein. Alle drei müssen sich derzeit vor der 1. Großen Strafkammer des Tübinger Landgerichts für ihr illegales Handeltreiben verantworten.

Umfassendes Geständnis

Am Montag legte der 57-Jährige ein umfassendes Geständnis ab. Ausgelöst wurden die Geschäfte durch den Freund seiner Tochter. Den jungen Mann kannte der Familienvater schon länger. Von ihm hatte er früher bereits Marihuana gekauft. Der Mann fragte ihn im März 2020, ob er bei ihm Rauschgift lagern könne, womit der 57-Jährige sehr einverstanden war, schließlich versprach ihm dies einen günstigeren Einkaufspreis für seine Drogen. »Mir war klar, dass es sich um größere Mengen handelte«, meinte der 57-Jährige gestern vor Gericht.

Selbst will er aber nur höchstens 100 Gramm weiterverkauft haben, das meiste habe er für den Eigenbedarf gebraucht. In der Zeit damals habe er bis zu 100 Gramm Marihuana pro Woche geraucht. In die Dealerei des Freundes seiner Tochter sei er aber nie involviert gewesen.

Dass er seine beiden erwachsenen Kinder mit in die illegalen Geschäfte hineingezogen habe, dafür entschuldigte er sich am Montag bei Sohn und Tochter.

Dass der 57-Jährige letztlich aufflog, ist vor allem den Ermittlungen der französischen Behörden zu verdanken. Ihnen gelang es 2020, den sogenannten Encro-Chat zu entschlüsseln und zu infiltrieren. Diese besondere digitale Kommunikation per Spezialhandy war damals vor allem bei der organisierten Kriminalität sehr beliebt. Anfangs waren diese Chats nämlich so verschlüsselt, dass sie von niemandem außerhalb nachzuverfolgen waren.

Durch die Hinweise der französischen Polizei stießen die Ermittler auf einen Großdealer in Ludwigshafen. Über ihn kamen die deutschen Ermittler schließlich auch auf den 57-Jährigen.

Der Freund der Tochter war anfangs gar nicht ihm Visier der Fahnder gewesen. Als er aber mitbekam, dass die Polizei auch ihm auf die Spur gekommen war, setzte er sich ab. Im August 2022 allerdings stellte er sich den deutschen Behörden. Er wird Anfang kommenden Jahres vor Gericht stehen.

Hochgradig drogenabhängig

Der 57-jährige Reutlinger ist nach der Diagnose der psychiatrischen Gutachterin Dagmar Jordan hochgradig abhängig von Drogen. Schon in der Jugend habe die Sucht zu schulischen und rechtlichen Konflikten geführt.

Ohne eine Therapie werde der Angeklagte in Freiheit schnell wieder zu Drogen greifen. Und weil er die, da arbeitslos, sich nicht mit legalen Mitteln beschaffen könne, seien weitere Straftaten von ihm zu erwarten. Deshalb spricht sich Jordan für die Einweisung des 57-Jährigen in eine Entzugsklinik (Maßregel) aus. Der Angeklagte sei bereit, sich einer solchen Therapie zu unterziehen.

Der Sohn des 57-Jährigen ist bei den Reutlinger Drogengeschäften eher eine Randfigur. Er bekam vom Freund der Tochter meist nur für den Eigenkonsum Drogen.

Seine Tochter habe gar nichts mit den Drogengeschäften zu tun, betonte der Familienvater gestern. Die 22-Jährige habe nur gewusst, dass ihr Freund mit Drogen deale und dass in ihrem Zimmer Geld aus diesen Geschäften liege.

In dem Prozess geht es außerdem noch um zwei scharfe Feuerwaffen, die die Polizei im Haus des Familienvaters fand. Die eine gehörte offensichtlich dem 57-Jährigen, die andere dem Freund der Tochter.

Mit einem Urteil in dem Prozess vor dem Tübinger Landgericht ist am Mittwoch zu rechnen. (GEA)