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So ging der Weiler Merzhausen bei Bad Urach unter

In der Nähe von Bad Urach gab es im späten Mittelalter eine Siedlung. Funde geben einen Einblick in ihre Geschichte

Auf der Wüstung des ehemaligen Dorfs Merzhausen vor den Toren Bad Urachs gefundene Gürtelschnalle, Scherben und Papierstücke aus
Auf der Wüstung des ehemaligen Dorfs Merzhausen vor den Toren Bad Urachs gefundene Gürtelschnalle, Scherben und Papierstücke aus dem Mittelalter. FOTO: BÖHM
Auf der Wüstung des ehemaligen Dorfs Merzhausen vor den Toren Bad Urachs gefundene Gürtelschnalle, Scherben und Papierstücke aus dem Mittelalter. FOTO: BÖHM

BAD URACH. Vor dem Domizil des Uracher Verschönerungsvereins zwischen der Bundesstraße 28 und Bäderstraße verweist eine Tafel darauf, dass sich hier früher der Weiler Merzhausen befunden hat. Heute wird Merzhausen als »Wüstung« bezeichnet, Fachausdruck für eine verschwundene Siedlung. Dennoch hat das Dorf Spuren hinterlassen.

Merzhausen ist nicht die einzige Wüstung im Bereich von Bad Urach. Bekannt sind auch Weiler und eine Burg Pfälen, die in und über dem Elsachtal im 15. Jahrhundert gelegen sind. Im Seeburger Tal lag der Weiler Mietenhausen. Wie es die Oberamtsbeschreibung Urach von 1909 ausweist, taucht Merzhausen im Jahr 1292 das erste Mal in den Schriftquellen auf. In einer Urkunde wird ein Bertold von »Merzinhusen« genannt, der einen rechtlichen Vorgang bezeugt. Mehr erfahren wir nicht, doch steht die Ortsnamenendung »- husen« bereits für feste Wohnstätten. Ausdrücklich von einer Siedlung »Merzishusen« ist 1371, vor 650 Jahren, in einer Urkunde die Rede. Damals wurde eine Wiese verkauft, die bei »Herdern unter Merzishusen dem Wiler«, dem Weiler Merzhausen, lag.

»Um 1300 nahm die Bevölkerung durch die klimatische Warmphase stark zu. Viele Siedlungen entstanden in dieser Zeit«, erläutert Bad Urachs Kulturamtsleiter Thomas Braun. Auch auf Merzhausen könnte dies zutreffen. Albrecht Arnold vom Heimatmuseum Dettingen stellt sich Merzhausen so vor: »Wahrscheinlich war es lediglich eine Ansammlung von einigen wenigen Höfen.« Dafür spricht auch, dass nie von einer Kirche oder Kapelle in Merzhausen die Rede ist. Merzhausen wird auch im April 1434 in einer Urkunde im Hauptstaatsarchiv Stuttgart genannt, so Albrecht Arnold. Eine »Adelheid Lutzi genannt Pflunhöffin«, Bürgerin zu Urach, verkaufte die Pachteinnahmen von ihrem Baumgarten in Merzhausen an einen Stuttgarter Chorherrn. Wie der Leiter des Reutlinger Stadtarchivs Dr. Roland Deigendesch ausführt, bezog das Kloster Güterstein steuerliche Abgaben aus dem Bezirk zwischen Dettingen und Urach, zu dem auch Merzhausen gehörte. 1464 einigten sich die Pfarreien von Dettingen mit Güterstein über Abgaben zu Merzhausen. Ende des 15. Jahrhunderts schenkte ein Heinrich Hasenlouff eine Abgabe von einem Acker in Merzhausen. Danach verschwindet Merzhausen wieder aus den Schriftquellen.

Untergang im Städtekrieg?

Unklar ist, ob die Siedlung in der Nachbarschaft des aufstrebenden Urach nicht mehr bestehen konnte oder Epidemien oder die Auswirkungen des Schwäbischen Städtekriegs zum Ende des Weilers führten.

Doch der Name hat sich als Flurname bis heute im Stadtplan erhalten und wurde offenbar bei der württembergischen Landesvermessung unter König Wilhelm I. von 1818 bis 1840 erfasst.

Von 2006 bis 2008 machten die Mitglieder des Verschönerungsvereins auf dem ihnen überlassenen Grundstück Erdarbeiten, bei denen eine eiserne Gürtelschnalle und eine Keramikscherbe zum Vorschein kamen. Achim Lehmkuhl vom Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart datiert die Scherbe ins Mittelalter. Als 2014 in der Nähe das Diegelewehr gebaut wurde, fand der Experte dort nicht nur weitere mittelalterliche Scherben des 12. Jahrhunderts in der Baugrubenwand, sondern im Kies auch die Spuren eines mittelalterlichen Grubenhauses. Daneben befanden sich weitere dunkle Pfostenlöcher. »Hier stand also mehr als nur ein Haus«, folgert Lehmkuhl.

Unter den Funden des Verschönerungsvereins sind auch kleine Stücke eines bräunlichen Papiers mit schwärzlichen Spuren. Vereinsvorsitzender Gerhard Schwenninger, vermutet darin die Relikte der ehemaligen Pulvermühle, die, wie Walter Röhm berichtet, nach 1707 kurzzeitig in das Gebiet des Weilers Merzhausen verlegt worden war. Für Röhm, ehemaliger Archivleiter und Kenner der Bad Uracher Geschichte, besteht kein Zweifel, dass Merzhausen im Bereich Bäderstraße und der B 28 gelegen hat.

Relikte einer Pulvermühle

Die Ausdehnung von Merzhausen mit seinen Wirtschaftsflächen kann nur vermutet werden. Ernst Strähle aus Böhringen, der unter anderem das Häuserbuch I und II der Stadt Urach erarbeitete, ist sich sicher, dass die Merzhauser Ackerflächen nördlich der heutigen Stuttgarter Straße im Bereich »Dichterviertel« und Krankenhaus lagen. (gb)