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SWR verteidigt sich gegen Münsinger Tatort-Kritik

Der jüngste Stuttgarter »Tatort« spielt auf der Schwäbischen Alb. Gezeigt wird die dörfliche Enge, die Spießigkeit. Völliger Quatsch, sagen die Statisten. Und beschweren sich bei der ARD.

Regisseur Andreas Kleinert (ganz rechts) bei den Dreharbeiten zum ,,Tatort - Lass sie gehen" auf der Schwäbischen Alb mit Kameramann Michael Merkel und den Darstellern Richy Müller, Felix Klare und Sebastian Fritz (von links). Foto: dpa/dpa
Regisseur Andreas Kleinert (ganz rechts) bei den Dreharbeiten zum ,,Tatort - Lass sie gehen" auf der Schwäbischen Alb mit Kameramann Michael Merkel und den Darstellern Richy Müller, Felix Klare und Sebastian Fritz (von links).
Foto: dpa/dpa

STUTTGART/MÜNSINGEN. Nach der Kritik Dutzender Statisten von der Alb am jüngsten Stuttgarter »Tatort« versucht der SWR, die Wogen zu glätten und Verständnis zu wecken für die aus Sicht der Komparsen überzogene Darstellung des Dorflebens. »Die Kritik am Film unterstellt die Erwartung, dass der «Tatort» die Realität 1:1 abbildet«, heißt es in einer Stellungnahme des SWR auf einen Beschwerdebrief aus Münsingen (Kreis Reutlingen). »Das ist aber nicht unser Anspruch.«

ARD - »Tatort: Lass sie gehen«
»Tatort«-Ermittler Thorsten Lannert (Richy Müller) tröstet die Mutter (Julia Jenkins) des Opfers. Foto: Benoît Linder/DPA
»Tatort«-Ermittler Thorsten Lannert (Richy Müller) tröstet die Mutter (Julia Jenkins) des Opfers.
Foto: Benoît Linder/DPA

In der kritisierten Folge »Lass sie gehen« suchen die Ermittler Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) nach dem Mörder einer jungen Frau, deren Leiche in Stuttgart entdeckt wird. Sie hatte dem Dorf den Rücken gekehrt und war - eher als Flucht vor Familie und dörflicher Enge - nach Stuttgart gezogen. Während Lannert auf der Alb ermittelt und unter anderem Familie und Bekannte der Toten ins Visier nimmt, recherchiert Bootz in Stuttgart.

»Wir sitzen hier ja nicht Bier saufend unterm Hirschgeweih«

Die Statisten aus dem Tennisclub TV Münsingen ärgern sich über die Folge. »Fernsehen lebt von der Quote und muss überziehen, das verstehe ich«, sagt der Vereinsvorsitzende Jochen Schuster, der die Laien-Darsteller zusammengetrommelt und den Brief an die ARD und an die Produktionsleitung geschrieben hat. Ein öffentlich-rechtlicher Sender dürfe aber kein Bild präsentieren, das nicht mehr zeitgemäß sei. »Wir sitzen hier ja nicht Bier saufend unterm Hirschgeweih und zeigen uns unsere Pistolen«, kritisiert Schuster unter anderem eine ähnliche Szene aus der »Tatort«-Folge. Zuvor hatten die »Südwestpresse«, die »Stuttgarter Zeitung« und die »Stuttgarter Nachrichten« über die Beschwerde berichtet.

Für die jüngste Folge waren die »Tatort«-Ermittler und Statisten im März 2023 nach Bichishausen gekommen, einem 128 Einwohner zählenden Ort im Großen Lautertal. Schuster nennt die Darstellung des Dörflichen im Brief einen »Affront gegenüber den Menschen im ländlichen Raum und insbesondere auf der Schwäbischen Alb«. Es gebe durchaus eine Dorfgemeinschaft, diese ist aber sozial konstruktiv und nicht feindselig.

Es sei »ein Klischee über das Dorfleben nach dem anderen« gezeigt worden. »Ganz offenbar liegt der letzte Besuch der Drehbuchautoren auf dem Land Jahrzehnte zurück«, schreibt Schuster. Es werde ein Dorfleben skizziert, das es seit den 1950er-Jahren nicht mehr gebe. 

SWR: Verhältnisse im Film »im Dienste der Erzählung überhöht«

Der SWR entgegnete, die kritisierte »Tatort«-Folge sei eine fiktive Geschichte und keine Verallgemeinerung über das Leben in ländlichen Gebieten. Regisseur und Drehbuchautor nähmen sich die Freiheit der künstlerischen Zuspitzung. »Verhältnisse, die in verschiedenen Kontexten, durchaus auch in städtischen, existieren, werden in dem Setting des Films zusammengefasst und im Dienste der Erzählung überhöht«, argumentiert der Sender. Konkrete Personen oder ihr Umfeld seien keinesfalls mit dem »Tatort« gemeint. (dpa)