REUTLINGEN. Ein schwerer Arbeitsunfall, der zwei Todesopfer gefordert hat, hat sich am Dienstagmorgen bei der Firma Bosch in der Hauffstraße ereignet. Gegen acht Uhr ist aus einer Gasflasche im Freien sogenanntes Silan-Gas ausgetreten, woraufhin eine entsprechende Warnanlage angeschlagen hat. Als Mitarbeiter nach der Ursache suchten, kam es plötzlich zu einer Reaktion des Gases mit der Luft, was zu einer schweren Explosion geführt hat.
Zwei Männer, die sich in unmittelbarer Nähe aufgehalten haben, wurden von der Explosion erfasst. Ein 52-Jähriger wurde so schwer verletzt, dass er noch an der Unfallstelle starb. Ein 44-Jähriger wurde nach notärztlicher Erstversorgung vom Rettungsdienst in ein Krankenhaus gebracht, wo er jedoch trotz aller ärztlicher Bemühungen seinen schweren Verletzungen erlag. Beide Unfallopfer waren keine Mitarbeiter der Firma Bosch, sondern gehörten zu einer externen Fachfirma. Ein weiterer Arbeiter wurde durch ein Knalltrauma leicht verletzt.
Silan-Gas wird unter anderem für die Herstellung von elektronischen Komponenten oder zur Kalibrierung von Analysegeräten verwendet. Es kann bei Erwärmung explodieren und sich in Verbindung mit Sauerstoff selbst entzünden. Es gehört zu den gefährlichen Stoffen, schon ein Flaschentausch birgt Gefahren. So wurde zunächst auch angenommen, dass ein kurz zuvor erfolgter Wechsel der Gasflaschen die Ursache gewesen sein könnte. Dies bestätigte sich bei den ersten Ermittlungen jedoch nicht.
Kriminalkommissariat ermittelt
Das Kriminalkommissariat Reutlingen hat mit Unterstützung von Spezialisten des Arbeitsbereichs Gewerbe und Umwelt des Polizeipräsidiums Reutlingen, der Gewerbeaufsicht des Landratsamts Reutlingen, dem Leiter des Arbeitsschutzes und der Werksfeuerwehr der betreffenden Firma die Ermittlungen zur Unglücksursache aufgenommen. Im Rahmen eines »Todesermittlungsverfahrens« werde man feststellen müssen, ob es ein Fremdverschulden gab, sagte der stellvertretende Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Tübingen, Lukas Bleier, auf Nachfrage des GEA. Bis die Ergebnisse vorliegen, könne man nichts weiter zu dem Unfall sagen.
Eine Sprecherin der Firma Bosch äußerte sich ebenfalls nicht zu Details des Unfalls, sondern bestätigte lediglich die Explosion und dass man bislang nichts Konkretes zur Ursache wisse. Auch zur Höhe des Sachschadens konnte sie noch keine Angaben machen.
Auf dem Firmengelände war die Werksfeuerwehr von Bosch im Einsatz - die Reutlinger Feuerwehr wurde nach Absprache nicht zusätzlich angefordert, da für die Anwohner zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr bestanden habe, sagte der Pressesprecher der Stadt, Dennis Koep. Die Hauffstraße musste für die Dauer des Einsatzes gesperrt werden.
Eine Augenzeugin berichtet
Anja Schuhmacher-Ott war zu der Zeit mit dem Auto in der Tübinger Straße vor dem Bosch-Werk unterwegs Richtung Stadtmitte. »Ich bin gerade an der Feuerwehr vorbeigefahren, da tat es einen Riesenschlag«, berichtet sie, »zuerst dachte ich, mir ist jemand ins Auto gefahren.« Doch dann hielten die Fahrzeuge vor ihr an und einige Leute stiegen aus. Irgendwann habe einer gerufen: »Da ist Rauch«. Ein Fahrzeug der Werksfeuerwehr, das einige Meter vor ihr stand, habe umgedreht und sei zurück aufs Firmengelände gefahren. Aber alles in allem sei es sehr ruhig abgelaufen, die Mitarbeiter seien ganz normal aufs Firmengelände gegangen und bis auf mehrere Fahrzeuge der Feuerwehr, die im Hof standen, wies nichts auf die Tragödie hin. »Daher dachte ich, dass nichts Schlimmeres passiert ist«, berichtet Schuhmacher-Ott. Bis sie aus den Nachrichten erfahren hat, dass es sich bei dem Knall um eine schwere Explosion gehandelt habe. (GEA)