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Tübinger Urteil wegen illegaler Absprachen: Ex-Notar und Unternehmer legen Berufung ein

Ein früherer Notar und ein Geschäftsführer, die wegen illegaler Rabattabsprachen verurteilt wurden, haben Rechtsmittel gegen das Urteil des Amtsgerichts Tübingen eingelegt.

Der Prozess gegen einen Notar und einen Geschäftsführer geht in die zweite Instanz.
Der Prozess gegen einen Notar und einen Geschäftsführer geht in die zweite Instanz. Foto: Paul Runge
Der Prozess gegen einen Notar und einen Geschäftsführer geht in die zweite Instanz.
Foto: Paul Runge

TÜBINGEN. Für das Schöffengericht des Amtsgerichts schien der Sachverhalt am Ende eindeutig zu sein: Ein Tübinger Notar, der sich inzwischen im Ruhestand befindet, und ein Geschäftsführer wurden verurteilt, weil sie sich der Bestechlichkeit strafbar gemacht hatten: Sie hatten eine Verabredung getroffen, wonach der Notar für bei ihm durchgeführte Beurkundungen einen Rabatt von 25 Prozent einräumte, um seinen Stammkunden nicht zu verlieren. Damit dieser illegale Deal - er steht der Gebührenordnung der Notare entgegen - nicht auffiel, stellte der Notar regelmäßig die volle Summe in Rechnung, begnügte sich dann aber mit Zahlungen, die jeweils nur rund 75 Prozent umfassten. Entsprechende Buchungsbelege legte die Staatsanwaltschaft nach ihren Ermittlungen vor - ebenso wie eine E-Mail, in welcher der Geschäftsführer sich erkundigte, ob die Rabattvereinbarung noch gelten würde.

Dies fragte der Geschäftsführer offenbar auch die Nachfolgerin des Notars, die daraufhin genauer hinsah - und die Ermittlungen ins Rollen brachte. Der Notar wurde Ende Juli vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Tübingen wegen gewerbsmäßiger Bestechlichkeit in sechs Fällen zu einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung verurteilt, der Geschäftsführer zu einem Jahr und vier Monaten. Beide seien »konspirativ vorgegangen« und hätten die illegale Vereinbarung auch vor den Mitarbeitern des Notariats »bewusst verschleiert«, erklärte Richter Benjamin Kehrer in seiner Urteilsbegründung. Der frühere Notar muss zudem als Bewährungsauflage 7.500 Euro bezahlen, der mitangeklagte Geschäftsführer mehrerer Reha-Zentren muss 15.000 Euro bezahlen.

Gegen dieses Urteil legten die beiden Angeklagten inzwischen Rechtsmittel ein. »In einem Fall wurde bereits konkret Berufung eingelegt, in einem Fall grundsätzlich Einspruch angekündigt - hier steht die schriftliche Begründung noch aus«, bestätigt der für die Öffentlichkeitsarbeit am Amtsgericht zuständige Richter Heiner Römhild auf GEA-Anfrage. In dem Prozess hatten die beiden Angeklagten geschwiegen, während ihre Verteidiger, Dr. Ralph Walker und Dr. Benjamin Chiumento, die Beweisführung infrage stellten und in ihren Plädoyers Freisprüche für ihre Mandanten forderten. Sollten beide Männer - wie es zu erwarten ist - Berufung einlegen, wird das Verfahren vor dem Landgericht neu aufgerollt. (GEA)