TÜBINGEN. Woher kommt die Redewendung, man möge sich nicht ins Hemd machen? Die Antwort liefert Kai Nehmann, im wahren Leben Archäologe aus Stuttgart, in seiner Freizeit Korporal beim Württembergischen Füsilierregiment »von Truchseß«. Zusammen mit seinen Kameraden stellt Nehmann beim »Tag der lebendigen Geschichte« in Tübingen dar, wie die Soldaten Württembergs in den Jahren zwischen 1757 und 1783 ausgesehen haben - in Zeiten, als die Linieninfanterie sich blutige Schlachten lieferte. Oft fernab der württembergischen Heimat. Für Nehmann war es indes eine Rückkehr: In der früheren Festung Hohentübingen hat der Stuttgarter einstmals studiert.
Von ihm - und vielen anderen Akteuren - konnten Besucher am Wochenende viel erfahren. Auch die Sache mit dem Hemd. Es verhielt sich nämlich so: Die Soldaten hatten damals keine Unterwäsche - stattdessen wurde das lange Hemd zwischen den Beinen zugebunden. Bekam der Soldat dann angesichts der Schlacht zu viel Angst, konnte er sich sprichwörtlich ins Hemd machen. Eine Redewendung, die bis heute blieb. »Das fasziniert die Leute am meisten, zu merken, was von der Geschichte noch übrig ist«, sagt Nehmann.
Auf Hohentübingen gaben sich Alamannen, Kelten und Römer die Ehre, aber auch in die Stein- und Bronzezeit konnten die Besucher eintauchen. Bei bestem Wetter. War es da in den Uniformen aus Wolle und Leinen nicht zu heiß? »Was gut gegen Kälte ist, ist auch gut gegen Hitze«, wiegelt Nehmann ab. Der Gast im T-Shirt staunt - als Füsilierer muss man wohl hart im nehmen sein.
Organisiert wurden die »Tage der lebendigen Geschichte« vom Museum der Eberhard-Karls-Universität Tübingen in Kooperation mit dem Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters. Viele Darstellergruppen reisten zudem an, um Geschichte lebendig zu machen. »Hier können die Besucher Fragen direkt an die Geschichte stellen«, lobte auch Kai Nehmann den gelungenen Ansatz, der viele Besucher auf die ehemalige Landesfestung über der Universitätsstadt lockte. (GEA)