REUTLINGEN/STUTTGART. Die beiden Sommermonate Juni und Juli können zu den nassesten im ganzen Jahr gehören: »Weil die Luft in der warmen Jahreszeit viel mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann, als an den anderen Monaten«, weiß Marco Puckert, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Auf die Frage, ob das andauernde Regenwetter denn im Bereich des Normalen liegt, antwortet er mit Zahlen: »Nehmen wir nur Stuttgart als Beispiel: In einem normalen Juli regnet es im Schnitt so um die 60 Liter pro Quadratmeter. In diesem Jahr sind wir bei rund 160 Litern.« Die Regenmengen in der Region Neckar-Alb lägen nach den derzeitigen Messungen des DWD bei 248 Prozent des normalen Regenaufkommens. »Das ist schon deutlich mehr als normal.«
Trotzdem müsse damit gerechnet werden, dass solch anhaltender Regen in Zukunft zum Sommer dazugehören könnte: »Die Atmosphäre in unseren Breitengraden heizt sich mehr auf als früher und kann deshalb auch mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Wenn solche Wetterlagen, wie das derzeitige Tief Karlheinz, wetterbestimmend sind, können sich viel mehr Regenwolken bilden. Es kommt zu Starkregen, mit allem, was dazugehören kann«, so Puckert. Die Durchschnittstemperatur läge mittlerweile in Deutschland um bis zu zwei Grad Celsius höher, als zu früheren Zeiten. Die Zahl der Starkregenereignisse habe messbar zugenommen.
Hinzu kommt, dass Meteorologen und Klimaforscher mittlerweile davon ausgehen, dass bestimmte Wetterlagen, wie eben gerade, länger anhalten. Auf den Punkt: Es bleibt lange zu trocken, zu heiß, oder zu nass. »Allein in Europa sind bereits rund 70 Prozent der Landfläche von länger an einer Stelle verharrenden Wetterlagen betroffen«, sagt Peter Hoffmann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). In einer Pressemitteilung des PIK führt Hoffman weiter aus: »Vor allem im Sommer dauern Hitzewellen jetzt oft länger, und auch Niederschlagsereignisse neigen dazu, länger zu dauern und intensiver zu sein.« Das nennen die Wissenschaftler die sogenannte Persistenz bestimmter Wetterbedingungen. Und weiter: »Dann gibt es in der betroffenen Region statt ein paar sonnigen Tagen eine mehrwöchige Hitzewelle, oder Regenfälle halten so lange an, dass es zu Überschwemmungen kommen kann.«
Starkregenereignisse der jüngsten Vergangenheit, die unwetterartig über Reutlingen und die Region hereingebrochen waren, sind noch in guter Erinnerung. So hatten Unwetter mit Starkregen im Juni letzten Jahres für große Schäden in Reutlingen und Pfullingen gesorgt.
Zu größeren Überschwemmungen ist es durch den »lange anhaltenden Karlheinz« in der Region Neckar-Alb noch nicht gekommen. So wie die Prognosen des DWD für die nächsten Tage aussehen, dürfte es dazu wohl auch nicht mehr kommen. Aber die Wetterlage bleibt auch in den kommenden Tagen erhalten. Das bedeutet: viele Wolken, gelegentliche Schauer und auch einzelne Gewitter. In der Nacht zum Freitag bleibt die Himmelsdecke eher dicht. Neue Schauer ziehen von Nordwesten übers Land, auch ein paar eingelagerte Gewitter sind nicht auszuschließen.
Laut DWD könnte das wechselhafte Wetter noch bis Anfang kommender Woche andauern. »Der ist zäh, der Karlheinz«, so ein Meteorologe. Erst im Verlauf der Wocher könne es wieder sommerlicher werden. Dann soll der Sommer, wie ihn die Menschen in der Region lieber mögen, zurückkehren. (GEA)