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Warum läutet die Glocke der Reutlinger Marienkirche so früh morgens?

Die Glocken der Reutlinger Marienkirche läuten regelmäßig und schon am frühen Morgen. Ein Leser wollte nun wissen: Warum schon um sechs Uhr? Der GEA hat nachgefragt.

Die größte Glocke der Reutlinger Marienkirche. Foto: Kirche
Die größte Glocke der Reutlinger Marienkirche.
Foto: Kirche

REUTLINGEN. Seit Jahrhunderten prägen sie die Geräuschkulisse der Städte: Kirchenglocken. Für die einen ist ihr Läuten Musik in den Ohren, andere wünschen sich Ruhe. In Reutlingens Innenstadt gibt hauptsächlich die Marienkirche den Ton an. Schon zu früher Stunde hört man ihre Glocke läuten. Ein Leser wollte wissen: Warum läuten die Glocken der Marienkirche schon so früh? Der GEA hat nachgehakt.

Die gute Nachricht für Geräuschempfindliche vorweg: Am Sonntagmorgen läutet die Glocke der Marienkirche nicht. Von Montag bis Samstag allerdings schon um sechs Uhr, wie der Pfarrer der Marienkirche Sven Gallas bestätigt. Das sei so in der vom Kirchengemeinderat festgelegten Läuteordnung geregelt. In ihr stehe auch, wann welche Glocke wie lange läutet.

Die Glocke läutet als Erinnerung an Tagzeitengebete

»Beim frühen Läuten um sechs Uhr wird die Glocke eins angeschlagen«, erklärt Gallas. Und zwar drei Minuten lang. Das Geläut der Marienkirche besteht aus fünf unterschiedlich großen Glocken. Glocke eins ist die Betglocke. Sie ist die größte und schwerste. »Sie gibt den tiefen, dumpfen Ton«, sagt Gallas. Die gleiche Glocke läutet auch 12 Uhr und um 20 Uhr. Aber warum? »Das geht bis ins Mittelalter zurück«, sagt der Pfarrer. Das seien Erinnerungen an die Tagzeitengebete. »Die Menschen haben beim Läuten kurz innegehalten und gebetet«.

Dass die Glocke schon um sechs Uhr zu hören ist, störe laut Gallas nur wenige Menschen. »Wir bekommen im Schnitt etwa alle neun Monate eine Nachfrage deswegen«, sagt er. Hauptsächlich seien es Zugezogene, die es ansprechen, sagt er. Für die meisten Reutlinger gehöre das Glockengeläut zur Stadt. Häufiger höre der Pfarrer sogar, dass vor allem Schwerkranke froh seien, wenn die Glocke um sechs Uhr ertönt. »Dann wissen die Menschen, sie haben die Nacht überstanden.« Wenn es aber eine große Mehrheit für ein späteres Läuten geben würde, bestünde die Möglichkeit, das umzusetzen. Andere Kirchengemeinden haben die Zeiten bereits angepasst. In Pfullingen etwa läutet die Glocke der Martinskirche zum ersten Mal um 7 Uhr.

Auch zu anderen Anlässen ertönt das Glockenspiel

Und wann läutet die Glocke der Marienkirche sonst noch? »Werktags auch um 15 Uhr«, sagt Gallas. Das sei in alter Tradition die neunte Stunde des Tages und erinnere an die Sterbestunde Jesu. Mehr auf die Ohren gibt’s sonntags. Da ertönt die Glocke zwar erst um 9.30 Uhr, dann aber in vollem Umfang mit allen fünf Glocken als Vorläuten für den Hauptgottesdienst, der um 10 Uhr mit erneutem Glockenspiel beginnt. »Früher hatten die Menschen keine Uhr und wurden so an den Gottesdienst erinnert«, sagt Gallas. 

Das volle Geläut von fünf Glocken sei etwas Besonderes und für den sonntäglichen Hauptgottesdienst reserviert, sagt Gallas. Mit einer Ausnahme: »Beim Jahreswechsel um 0 Uhr ertönen auch alle Glocken, um das Jahr einzuläuten.« Drei Glocken ertönen bei kleineren Gottesdiensten und Trauungen, erläutert der Pfarrer. Und im Sommer gibt es sonntags um 8 Uhr einen Frühgottesdienst. Der sei inhaltlich identisch mit dem Hauptgottesdienst, wird aber nur mit drei Glocken eingeläutet.

Übrigens: Die Glocken der Marienkirche stammen aus verschiedenen Gussjahren. Die älteste, die Betglocke, wurde im Jahr 1901 gegossen und ist gleichzeitig mit 2.680 Kilogramm die schwerste. 27 Jahre später wurde die Taufglocke gegossen. Sie wiegt 339 Kilogramm. Die Christus-, Friedens- und Reich-Gottes-Glocke stammen aus dem Jahr 1950 und sind 1.345 beziehungsweise 803 und 557 Kilogramm schwer. Sie befinden sich im 71 Meter hohen Westturm in der Glockenstube. Damit sie nicht zu laut klingen, sind an den Schallöffnungen der Glockenstube Schallschutz-Lamellen angebracht. (GEA)

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