Wovor warnt der Deutsche Wetterdienst?
Der Deutsche Wetterdienst hat eine offizielle Unwetterwarnung veröffentlicht, in der unter anderem vor Hagel, Starkregen und Sturmböen mit bis zu 120 Stundenkilometern gewarnt wird. Die Warnung gilt ab Mittwochnachmittag auch für die Landkreise Tübingen, Reutlingen, Zollernalb und Rottweil. Kai-Uwe Nerding, Meteorologe beim DWD, konkretisierte auf GEA-Nachfrage die Vorhersage: »Den schwersten Teil der Unwetter bekommt Ostwürttemberg und Bayern ab, aber auch die Region Neckar-Alb ist betroffen.«
Wann erreicht das Unwetter die Region?
Laut Wetterradar vom Mittwochnachmittag erreicht das Unwetter die Region Neckar-Alb gegen 17 Uhr. Es soll zunächst über den Landkreis Tübingen ziehen, dann über Reutlingen, Metzingen, Bad Urach und über die Alb. Betroffen sind dort laut Vorhersage Sonnenbühl, Trochtelfingen, Hayingen und Münsingen. Östlich der Stadt könnte es besonders heftig werden.
Welche Auswirkungen könnte das Unwetter in der Region haben?
In den Landkreisen Reutlingen, Tübingen und Zollernalb sei mit Hagel von zwei bis vier Zentimetern zu rechnen. »Unsere Wettermodelle zeigen, dass ein Großteil des Unwetterpotenzials in der Region Neckar-Alb, die Schwäbische Alb trifft. Weniger das Neckartal oder die Stadt Reutlingen«, sagt DWD-Meteorologe Kai-Uwe Nerding dem GEA. Dennoch sei auch in den anderen Teilen der Region Vorsicht geboten. Sturmböen und schwere Sturmböen mit Geschwindigkeiten bis zu 100 Kilometern pro Stunde seien möglich. Hinzu komme noch ergiebiger Starkregen mit bis zu 40 Litern pro Quadratmeter in kurzer Zeit. In den Zentren des Unwetters über Bayern könnten die Hagelkörner sogar eine Größe von acht Zentimetern erreichen und für große Zerstörung sorgen.
Wie entsteht das Unwetter?
Laut Meteorologe Kai-Uwe Nerding kommen gegenwärtig »warme Luftmassen aus dem Süden Europas nach Württemberg. Diese treffen auf eine Kaltfront in der Mitte Deutschlands und das sorgt für große Energie in der Atmosphäre, die sich ab Mittwochnachmittag in den schweren Gewittern und Unwettern entlädt«. Hinzu komme, dass die Sonneneinstrahlung am Mittwochvormittag die oberen Luftschichten zusätzlich aufheize und für noch mehr Energie sorge.
Wie bereitet sich die Reutlinger und Pfullinger Feuerwehr vor?
Die Feuerwehr Reutlingen hat sich bereits auf das drohende Unwetter vorbereitet. »Die Gerätschaften sind einsatzbereit, Sandsäcke sind – wie immer – vorrätig«, sagt der stellvertretende Feuerwehrkommandant Hartmut Möck dem GEA. Mehr Personal werde derzeit zwar nicht vorgehalten, man analysiere die Lage allerdings genau, um im Ernstfall richtig reagieren zu können. »Zusammen mit der Stadtentwässerung (SER) haben wir die Entwicklung der Wasserstände im Blick«, führt Möck weiter aus. Teilweise würden Pegelstände auch vor Ort überprüft.
Kritisch könne es in der Betzinger Hoffmannstraße werden. Durch die Brückensanierung seien »Einengungen« entstanden, die ein Übertreten der Echaz begünstigten. »Die Feuerwehr hat deshalb bereits vorgestern vorsorglich mobile Elemente zum Schutz aufgestellt.« Außerdem sei die Reutlinger Feuerwehr mit ihren Kollegen in Pfullingen, Eningen und Wannweil im regelmäßigen Austausch, da auch diese Kommunen an der Echaz liegen.
In Pfullingen ist die Feuerwehr ebenfalls in Alarmbereitschaft. »Mannschaft und Geräte sind einsatzbereit, der Stab für außergewöhnliche Ereignisse ist im Stand-by-Modus«, sagt Feuerwehrkommandant Dietmar Rall dem GEA. Man sei in der Lage im Ernstfall eine Flut von Notrufen abzuarbeiten. Zudem stünden im Feuerwehrhaus 4.000 gefüllte Sandsäcke bereit. Davon seien 1.000 bereits verladen und könnten direkt eingesetzt werden.
Wird der Hagelflieger eingesetzt?
Der Hagelflieger, der seit Sonntag immer wieder über dem Landkreis Reutlingen unterwegs ist, hat die Unwetterlage genau im Blick. Pilot Markus Duwe sagt dem GEA: »Unser Team ist ab heute Mittag in Bereitschaft. Unser Meteorologe hat die Entwicklung der Gewitter genau im Blick und wir schauen ganz genau auf die Radarbilder.« Wenn möglich, würde das Flugzeug aufsteigen und die Wolken mit einem Mittel besprühen, damit Hagel herabregnet. »Wir haben im Blick: Wo könnte Hagel entstehen«, so Duwe. Die Flugsicherheit müsse allerdings gegeben sein. Bei vorhergesagten Sturmböen mit Geschwindigkeiten von bis 100 Kilometern pro Stunde über der Region Neckar-Alb, sei das eine Abwägungssache.
Wie sehen die Pegelstände in der Region aus?
»An den Flüssen in Baden-Württemberg besteht derzeit keine überregionale Hochwassergefahr«, schreibt die Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg auf ihrer Seite. Weiter heißt es dort: »Für lokale Überschwemmungen, wie sie etwa durch örtlich begrenzte Starkregen oder Gewitter.« Zu den landesweit mehr als 100 Pegelständen, die automatisch überwacht werden, gehören auch die der Erms in Bad Urach und Riederich sowie die Wasserstände von Echaz (Wannweil), Neckar (Kirchentellinsfurt), Steinlach (Tübingen) und Lauchert (Mägerkingen und Gammertingen). Bei all diesen Gewässern in der Region wird Stand 12 Uhr maximal Mittelwasser angezeigt.
Wie schätzt die Reutlinger Stadtentwässerung die Lage ein?
Nach den aktuellen Wettermeldungen geht Frank Bader, Betriebsleiter der Reutlinger Stadtentwässerung davon aus, dass Reutlingen Glück hat und glimpflich davon kommt. Dennoch beobachten er und seine Mannschaft die Unwetterlage genau. Denn bei Starkregen kann es in Reutlingen entlang der Echaz zu Überflutungen kommen. »Regenwasser sammelt sich in der Kanalisation und fließt in die Regenüberlaufbecken. Wenn die voll sind, dann ergießt sich das in die Echaz, wodurch eine kleine Flutwelle entstehen kann«, erklärt Bader. Zu den besonders kritischen Bereichen im Reutlinger Stadtgebiet zählen die Echazauen sowie die Senke unter der Eisenbahnbrücke in der Tübinger-Straße. In der Emil-Adolff-Straße habe man im Bereich der Echaz zwar schon einige Maßnahmen zum Hochwasserschutz umgesetzt, über die Ufer treten könnte die Echaz je nach Starkregenereignis aber immer noch.
Was müssen Bürger beachten?
»Das Zusammenspiel aus den genannten Böenspitzen und dem großen Hagel birgt ein hohes Schadensrisiko für Mensch, Infrastruktur und Natur«, warnt der Deutsche Wetterdienst und veröffentlichte diese konkreten Warnungen und Handlungsempfehlungen: »Gefahr durch Blitzschlag, umherfliegende Gegenstände, vereinzelte, rasche Überflutungen von Straßen und Unterführungen, Aquaplaning. Handlungsempfehlungen: Aufenthalt im Freien vermeiden oder in Gebäuden Schutz suchen, Gewässer meiden. Lose Gegenstände sichern, beispielsweise Zelte und Abdeckungen befestigen. Verhalten im Straßenverkehr anpassen. Überflutete und gefährdete Abschnitte wie Unterführungen meiden.«