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1.500 Menschen demonstrieren in Reutlingen gegen Fall der Brandmauer

Ein Bündnis von rund 50 Institutionen, Initiativen und Gruppierungen demonstriert am Samstag gegen den »Fall der Brandmauer« gegenüber der AfD im Bundestag.

Prof. Gerhard Längle war als Geschäftsführer der Reutlinger Psychiatrie einer der Redner auf dem Marktplatz am Samstagnachmittag
Prof. Gerhard Längle war als Geschäftsführer der Reutlinger Psychiatrie einer der Redner auf dem Marktplatz am Samstagnachmittag. Foto: Norbert Leister
Prof. Gerhard Längle war als Geschäftsführer der Reutlinger Psychiatrie einer der Redner auf dem Marktplatz am Samstagnachmittag.
Foto: Norbert Leister

REUTLINGEN. »Zwei Drittel aller Deutschen sind mit dem Inhalt des Fünf-Punkte-Plans von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz einverstanden«, sagte Andreas Linder am Samstagnachmittag. »Damit sind wir hier auf dem Reutlinger Marktplatz eine Minderheit«, bedauerte der engagierte Flüchtlingshelfer vom Tübinger Plan B. An die 50 Institutionen, Initiativen und Gruppierungen aus der Region hatten am Samstag geladen, rund 1.500 Menschen waren gekommen, um gegen die Abstimmung im Bundestag der CDU zusammen mit der AfD zu demonstrieren.

Rund 1.500 Menschen sind am Samstag auf den Reutlinger Marktplatz gekommen, um gegen den Fall der Brandmauer gegenüber der AfD z
Rund 1.500 Menschen sind am Samstag auf den Reutlinger Marktplatz gekommen, um gegen den Fall der Brandmauer gegenüber der AfD zu demonstrieren. Foto: Norbert Leister
Rund 1.500 Menschen sind am Samstag auf den Reutlinger Marktplatz gekommen, um gegen den Fall der Brandmauer gegenüber der AfD zu demonstrieren.
Foto: Norbert Leister

»Wir sind die Brandmauer«, war auf hochgehaltenen Pappdeckeln auf dem Marktplatz zu lesen. »Es ist unerträglich, was jetzt gerade in der großen Politik passiert, wir leben in finsteren Zeiten«, so Linder. Und das gehe weit über Deutschland hinaus. »Willkommen im Club«, zitierte etwa das Schauspielteam vom Theater Patati Patata auf der Bühne die Äußerung des ungarischen Staatschefs Victor Orban gegenüber dem Fünf-Punkte-Plan von Friedrich Merz. Die Schauspieltruppe schwenkte dabei lachend Fähnchen von europäischen »Club-Staaten« wie Ungarn, Italien, der Slowakei oder auch von Österreich – die alle von rechtspopulistischen Parteien angeführt werden.

Demonstrations-Moderator Gerd Krauß vom Arbeitskreis Flucht und Asyl hatte eingangs zudem den Blick auf die USA gerichtet: »Es ist doch pervers, wenn mit Elon Musk der reichste Mensch der Welt offen für die AfD wirbt.« Gleichzeitig werde die Entwicklungshilfe von USAID eingefroren, so dass »die Ärmsten in der Welt keine Nahrung und keine Medikamente mehr kriegen«.

Das Theater Patati Patata demonstrierte mit einem kurzen Theaterstück  die Absurditäten der momentanen Politik.
Das Theater Patati Patata demonstrierte mit einem kurzen Theaterstück die Absurditäten der momentanen Politik. Foto: Norbert Leister
Das Theater Patati Patata demonstrierte mit einem kurzen Theaterstück die Absurditäten der momentanen Politik.
Foto: Norbert Leister

Benjamin Stein sprach am Samstag ebenfalls auf der Bühne auf dem Reutlinger Marktplatz: »Wir wenden uns gegen Hetze und Deportationsfantasien.« Gleichzeitig mahnte er: »Bei zunehmenden Verteilungskämpfen, wenn Armut droht, dann gerät die Solidarität in Gefahr«, so der Verdi-Geschäftsführer der Region Fils-Neckar-Alb. Deshalb sei es wichtig, »den Kollegen aufzuzeigen, dass sie Macht haben und sich den Populisten in den Weg stellen können.« Der Kampf für gerechte Löhne sei »ein Mittel gegen Rechts«, so Stein.

Prof. Gerhard Längle betonte als Geschäftsführer der Reutlinger Psychiatrie PP.rt und GP.rt: »Ich spreche hier als Kollege von vielen Migranten aus insgesamt 23 Nationen – nicht wenige von ihnen sind als Flüchtlinge gekommen, wir arbeiten und leben sehr gut miteinander.« Längle erinnerte an das Gedenken vor wenigen Tagen am 27. Januar an die Opfer des Nationalsozialismus: »Und jetzt werden wieder zwei Gruppen zu Sündenböcken erklärt.« Dabei werde suggeriert, dass sowohl psychisch Erkrankte wie auch Migranten gefährlich seien.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sei sogar noch weiter gegangen und habe laut Längle eine »Liste mit psychisch-kranken Menschen« anlegen wollen. Ganz so wie unter den Nationalsozialisten. Gerhard Längle sagte dazu: »Dann würde jeder vierte Deutsche auf solch einer Liste stehen.« Stattdessen forderte der Professor »alle Politiker auf, dass sie die Menschenrechte respektieren und dass sie nicht an die dunkelsten Zeiten unseres Landes anknüpfen.«

Der Musiker Thomas Theleweit sang mit seinem Song »Jeder isch gleich« gegen Rassismus an.
Der Musiker Thomas Theleweit sang mit seinem Song »Jeder isch gleich« gegen Rassismus an. Foto: Norbert Leister
Der Musiker Thomas Theleweit sang mit seinem Song »Jeder isch gleich« gegen Rassismus an.
Foto: Norbert Leister

Mai Schäffer vom »Bündnis gegen Rechts« betonte in ihrer Rede: »Man bekämpft Faschisten nicht, indem man ihre Argumente übernimmt.« Studien hätten aufgezeigt, dass eine große Zahl der AfD-Wähler »existenzielle Angst vor dem sozialen Abstieg haben«. Die AfD lenke diese Angst auf und gegen Migranten um. Friedrich Merz sei nicht der richtige Kanzlerkandidat, um diese Ängste aufzunehmen: »Merz steht für weniger Sozialstaat, weniger Gerechtigkeit und für eine Politik der Reichen«, so Schäffer.

Zwischen den Reden gab es musikalische Beiträge, abschließend erinnerte Mathias Kostinek vom Haus der Kulturen (in Vertretung für die erkrankte Galina Lerner) daran, dass »in Reutlingen 44 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner einen Migrationshintergrund haben, sie kommen aus insgesamt 160 Ländern«. Kostinek betonte: »Wir sind vielfältig und eine Bereicherung für das Land.« (GEA)