BAD URACH. Die Initiative Überleben aus Bad Urach arbeitet seit über 30 Jahren mit der Nichtregierungsorganisation Pidecafe/Progreso im Norden Perus zusammen. Die Kaffeevermarktung stand kürzlich beim jährlichen Pidecafe-Treffen im Forum 22 in Bad Urach im Mittelpunkt.
Im Jahr 1995 kam der erste Rohkaffee aus dem nördlichen Andengebiet Perus nach Deutschland. Die Fairhandelsorganisation Gepa nahm ihn als Projektkaffee für Baden-Württemberg ins Programm. Zehn Weltläden waren bereit, ihn zu verkaufen. Heute, 30 Jahre später, werden aus dieser Region knapp 3.000 Tonnen bester Rohkaffee weltweit exportiert, der überwiegende Teil in bio und fairer Qualität, was für die Bauernfamilien einen doppelten Aufpreis zum Weltmarktpreis bedeutet.
Beratung der Kleinbauern
Der Bad Uracher Biologe Rudolf Schwarz hatte in Ecuador über Kaffee promoviert und bekam 1991 als Berater in Piura im Norden Perus eine Stelle. Er arbeitete dort mit peruanischen Agraringenieuren zusammen, um den zwar traditionellen, aber wenig Ertrag bringenden Kaffeeanbau zu verbessern. 300 Kaffee-Kleinbauern waren an einer Beratung zur Verbesserung von Kaffeequalität und Produktionstechniken interessiert. 1993 gründete sich die Beraterorganisation Pidecafe, die sich 2009 in Progreso umbenannte, da ihr Aufgabenfeld inzwischen mehr als Kaffeeanbau beinhaltete. Seit 1999 konnte Qualitätskaffee von 770 Bauernfamilien exportiert werden. Die Beratung wurde 2003 auf weitere Regionen in Nordperu ausgeweitet und in Piura wurde eine eigene Kaffeeaufbereitungsanlage zum Reinigen, Sortieren, Verlesen und Verpacken des Rohkaffees gebaut.
Dank der Hilfe durch die Initiative Überleben konnte Progreso unter anderem Brot für die Welt, Misereor, Oxfam, die Welthungerhilfe und die GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) als Projektträger und Geldgeber gewinnen.
Inzwischen profitierten 8.000 Familien von der Beratung. Um nicht nur von einem Produkt abhängig zu sein, diversifizierte die Organisation den Kaffeeanbau durch den Anbau und die Verarbeitung von Zuckerrohr und Kakao. Seit 2010 konzentriert sich die Projektarbeit der Initiative Überleben auf die Region Huarmaca, eine äußerst trockene, marginalisierte und verarmte Region im Norden der peruanischen Anden.
In kleinen Dörfern und Weilern beinhaltet die Unterstützung in einem ersten Schritt die Ernährungssicherung und Gesundheit der Familien. Hier werden die Kleinbauern dabei beraten, Gemüsegärten anzulegen, es werden Kochkurse veranstaltet und Kochherde aus heimischem Material gebaut. In einem zweiten Schritt geht es um die Einkommenssicherung durch den fachgerechten und nachhaltigen Anbau von Kaffeepflanzen, Zuckerrohr, Kakao und Früchten. Jede Kaffeepflanzung ist auch mit einer Aufforstung verbunden. Motivierte Männer und Frauen aus den Dörfern werden als Spezialisten in einzelnen Themen zu sogenannte Promotoren geschult. Sie übernehmen während des laufenden Projekts die Koordination vor Ort und können ihr Wissen auch über die Projektlaufzeit von etwa sechs Jahren hinaus weitergeben.
Finanziert wird die Beratung von Progreso über die Initiative Überleben Bad Urach durch private Spenden, die Unterstützung von Weltläden und Geldern aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Letzteres übernimmt bei Bewilligung eines Antrags 75 Prozent des Projektumfangs. Das aktuell zweijährige Projekt für 18 Dörfer über 140.000 Euro wird so finanziert. (eg)