GOMADINGEN-OFFENHAUSEN. Mehrmals pro Woche fährt GEA-Leser Uwe Lamparter durch das Lautertal-Dorf Offenhausen. Das ist berühmt-berüchtigt für seine beiden Blitzer - jeweils kurz nach dem Ortseingang. Warum wurde zeitweilig nun auch noch ein Blitzanhänger in der Bushaltestelle geparkt? Eine Antwort darauf hat Niklas Barnstorf, Leiter der Bußgeld- und Verkehrsbehörde im Landratsamt Reutlingen.
Der Blitzanhänger, im Fachjargon: Enforcement-Trailer, gehört dem Landkreis, der nur ein einziges Gerät dieser Art besitzt. Dieses Einzelstück ist seit 2022 im ganzen Kreis auf Tour. »Es ist aber nicht so, dass es reihum in allen 24 Gemeinden steht«, sagt Niklas Barnstorf. Die Standorte werden ganz gezielt und nach bestimmten Kriterien ausgewählt. In einem ruhigen Wohngebiet wird das massiv aussehende schwarze Trumm also weniger zu finden sein als an stark frequentierten Bundes- und Landstraßen. Dazu gehören beispielsweise die B 312 bei Lichtenstein, die B 28 bei Urach und eben auch die L 230, die durch Offenhausen führt.
Bei der Standortsuche verlässt sich Barnstorf vor allem auf die Erfahrungswerte der mobilen Messtrupps des Landkreises, die draußen unterwegs sind: »Sie kennen die Hotspots.« Aber auch die Einschätzung von Seiten der Gemeinden sowie Anregungen aus der Bürgerschaft werden berücksichtigt. In Offenhausen, sagt der Amtsleiter, spielen die Anwohner sogar eine wichtige Rolle: Sie leiden unter dem Verkehrslärm, die Häuser sind nahe an der Straße, und das Tempo 30-Limit interessiert nicht alle Verkehrsteilnehmer. Zumal viele von ihnen Ortskundige und Berufspendler sind.
Sie wissen also, wo die beiden stationären Blitzer sind. Und hier kommt ein psychologischer Faktor ins Spiel, der in Offenhausen eine entscheidende Rolle spielt: Kaum ist man am Blitzer vorbei, tritt man auch schon wieder aufs Gas, weil man die Gefahrenstelle vermeintlich erfolgreich passiert hat. Wäre da nicht diese »semistationäre Geschwindigkeitsmessanlage«, die immer für eine - in diesem Fall eher unangenehme - Überraschung gut ist. Der Trick funktioniert ganz gut, wie die Statistik zeigt. Der Anhänger stand nicht zum ersten Mal in Offenhausen, verrät Barnstorf, der deshalb auf Daten von Mai und Juli dieses Jahres zurückgreifen kann.
Nach sieben bis zehn Tagen tritt der Gewöhnungseffekt ein
Fast 5.000 Fahrzeuge rollen innerhalb von 24 Stunden durch Offenhausen, rund jedes vierzigste geht in die Falle. »Wir haben im Schnitt über 100 Verstöße am Tag«, sagt der Fachmann. »Die Verstoßquote lag beim ersten Mal im Mai bei 2,7 Prozent.« Beim zweiten Mal ging der Wert schon etwas zurück auf 2,1 Prozent, die aktuellen Daten vom August sind noch nicht ausgewertet. Die Tendenz nach unten ist normal und erwünscht - und ebenfalls psychologisch zu erklären: Wer einmal in die Falle getappt ist, passt auf. Und wer den Blitzer gesehen hat, auch. Nach sieben bis zehn Tagen, sagt Barnstorf, tritt dann der Gewöhnungseffekt ein - und der Anhänger zieht um und sorgt woanders für Überraschungen.
Was die Verstoßquote angeht, spielt Offenhausen relativ weit oben mit: »An unseren Messstellen liegt sie im Schnitt zwischen einem und zwei Prozent«, sagt Barnstorf. Die Ausmaße der Geschwindigkeitsüberschreitungen halten sich halbwegs in Grenzen: »Die meisten Überschreitungen im Tempo 30-Bereich bewegen sich nach Abzug der Toleranz zwischen drei und 13 km/h.« Wer bis zu 10 km/h zu schnell ist, muss mit einem Bußgeld in Höhe von 30 Euro rechnen, zwischen 11 und 15 km/h werden 50 Euro fällig. Einen Punkt auf dem Konto in Flensburg gibt's aber erst ab Geschwindigkeitsüberschreitungen von 19 km/h und mehr. (GEA)
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