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Müssen Blindenhunde draußen warten?

Eloy begleitet den blinden Tino Lentz aus Reutlingen durch dick und dünn. Obwohl der Labrador den Status eines Blindenführhundes hat, wurde er aus einer Reutlinger Bäckerei herausgeworfen. Ist das erlaubt?

Blindenhund Eloy wurde schon mal der Zutritt zu einer Reutlinger Bäckerei verweigert.
Blindenhund Eloy wurde schon mal der Zutritt zu einer Reutlinger Bäckerei verweigert. Foto: Frank Pieth
Blindenhund Eloy wurde schon mal der Zutritt zu einer Reutlinger Bäckerei verweigert.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN. Tino Lentz aus Reutlingen ist täglich mit seinem Blindenhund Eloy unterwegs. Ob im Bus, im Zug oder beim Einkaufen, der Vierbeiner weicht seinem Herrchen nicht von der Seite und unterstützt ihn in seinem Alltag. Aber nicht überall ist Eloy willkommen. Es sei schon vorgekommen, dass er mit seinem Hund von einer Bäckerei in Reutlingen weggeschickt worden sei, erzählt Lentz im Gespräch mit dem GEA. Man habe sich auf hygienische Gründe berufen, so der Reutlinger. Dabei gilt Eloy nicht als Haustier, sondern rein rechtlich als Hilfsmittel. Doch ist ein Rauswurf wirklich erlaubt und wer darf darüber entscheiden? 

 

»Lebensmittelunternehmer müssen vermeiden, dass Haustiere Zugang zu Räumen haben, in denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder gelagert werden«, ist auf der Homepage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zu lesen. Bei Blindenführhunden und anderen Assistenzhunden gelten jedoch Ausnahmen. Nach § 12e Absatz 1 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) »darf Menschen mit Behinderung der Zutritt zu Anlagen oder Einrichtungen, die typischerweise für den allgemeinen Publikums- und Benutzungsverkehr zugänglich sind, nicht wegen der Begleitung durch Assistenz- oder Blindenführhunde verweigert werden. Eigentümer, Besitzer und Betreiber solcher Anlagen und Einrichtungen - hierzu zählen auch Lebensmittelunternehmer - trifft in diesen Fällen also eine Duldungspflicht«.

Wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen auf GEA-Anfrage bestätigt, kann das Hausrecht der Betreiber nicht geltend gemacht werden, solange der Hund keine »unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellt«. Das heißt: Die Vierbeiner dürfen nicht mit den Lebensmitteln in Berührung kommen. Da solche Hunde jedoch ausgebildet werden, sind sie im Normalfall diszipliniert und nicht auf Lebensmittel fixiert. Das trifft auf Eloy zu, bestätigt Lentz. Das Tier beherrsche 30 Kommandos und folge ihm aufs Wort. Gemeinsam haben sie mehrere Tests bestehen müssen, bevor Eloy als Assistenzhund des Reutlingers anerkannt wurde. »Ich habe Rotz und Wasser geschwitzt, um die Prüfungen zu bestehen«, erinnert sich Lentz.

Was tun bei Rauswurf?

Sind Assistenzhunde unerwünscht, so können sich ihre Halter wehren, indem sie die Rechtslage erläutern und das Gespräch mit einem Vorgesetzten suchen. Ein weiterer Schritt wäre es, die Polizei zu alarmieren. Das teilt die Fachgruppenleiterin des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands (DBSV) Baden-Württemberg, Seda Arslantekin, mit. Auch die Antidiskriminierungsstelle Baden-Württemberg biete Unterstützung. Um weitere Diskriminierungsfälle zu verhindern, empfiehlt sie Betroffenen, »sich an die Presse zu wenden, um darauf hinzuweisen und andere Geschäfte sowie die Bevölkerung zu sensibilisieren«. Bei verweigertem Zutritt mit Assistenzhund ist zudem bundesweit die Schlichtungsstelle BGG zuständig, wo fachkundige Juristen weiterhelfen. Im Reutlinger Ordnungsamt seien bisher keine Beschwerden von sehbehinderten Menschen eingegangen, teilt die Pressestelle der Stadt Reutlingen mit.

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Seit Januar 2025 gibt es allerdings eine Neuerung in Bezug auf die Zutrittsrechte der Assistenzhunde. Sie benötigen jetzt ein offizielles Abzeichen oder einen Ausweis. So sehen es das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Assistenzhundeverordnung (AHundV) vor. Das heißt: Der Zutritt für alle Assistenzhunde ist nur noch in Verbindung mit dem sogenannten MAG-Ausweis (Mensch-Assistenzhund-Gespann-Ausweis) oder einer Plakette, die am Hund angebracht werden kann, gestattet, erläutert Arslatekin. Die sind beim Reutlinger Versorgungsamt zu beantragen. Tino Lentz hat das bereits getan und hofft, dass Eloy künftig in allen Bäckereien willkommen ist. (GEA)