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Aktuell Sicherheit

Tübinger Alleenbrücke überraschend marode: Einschränkungen für Verkehr

Bei einer Untersuchung ist aufgefallen: Die Alleenbrücke in Tübingen ist in schlechterem Zustand als angenommen. Aus Sicherheitsgründen dürfen ab kommendem Donnerstag keine schweren Fahrzeuge mehr darüber fahren, die Parkplätze fallen weg. Fest steht auch: Die denkmalgeschützte Brücke muss abgerissen werden.

Foto: Stanislav Schitz
Foto: Stanislav Schitz

TÜBINGEN. Über die Alleenbrücke in Tübingen, die die Europastraße mit dem Wohngebiet von der Neckarhalde über die Rappenberghalde bis hin zum Campingplatz verbindet, dürfen ab Donnerstag, 24. April, lediglich Autos und Kleinlastwagen fahren, die weniger als sechs Tonnen wiegen. Das teilte die Tübinger Stadtverwaltung mit. Die Parkplätze auf der Brücke entfallen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung der Brücke durch die Materialprüfanstalt Stuttgart.

»Durch die engmaschige Beobachtung der Alleenbrücke ist aufgefallen, dass wir Gewicht von der Brücke nehmen müssen. Wir wissen, dass diese Entscheidung zu Einschränkungen führt, aber die Sicherheit der Bürger_innen steht an erster Stelle«, wird Baubürgermeister Cord Soehlke in der Mitteilung der Stadt zitiert.

Konkret bedeutet das, dass Fahrzeuge mit einem Gewicht bis zu sechs Tonnen sowie Fahrräder und Fußgänger die Brücke weiterhin passieren dürfen. Die Parkplätze auf der Brücke entfallen. Für Anwohner gibt es Ersatzparkplätze in der Uhlandstraße. Fahrzeuge über sechs Tonnen dürfen nicht mehr über die Brücke fahren. Der TüBus teilt die Linie 6 am Hauptbahnhof und bedient den Abschnitt zum Rappenberg mit Kleinbussen. Der Fahrplan wird beibehalten. Die Müllabfuhr fährt über die Altstadt in das Wohngebiet. Die Abfuhrtermine für den Bio-, Restmüll und Gelben Sack bleiben gleich. Die Feuerwehr fährt bei Notfällen durch den Fahrradtunnel ins Wohngebiet.

»Die Nachricht kommt überraschend, auch für uns. Die Proben im Juli, Oktober und November waren unauffällig«, sagt Soehlke. »Erfreulicherweise konnten wir umgehend gute Lösungen für die Versorgung und Erreichbarkeit des Gebietes finden. Unser Bestreben ist es, so schnell wie möglich Gewicht von der Brücke zu nehmen. Deswegen gelten die Änderungen bereits ab Donnerstag kommender Woche«, sagt Soehlke.

Bald dürfen keine Autos mehr auf der Alleenbrücke in Tübingen parken. Foto: Stanislav Schitz
Bald dürfen keine Autos mehr auf der Alleenbrücke in Tübingen parken.
Foto: Stanislav Schitz

Fahrzeuge, die mehr als sechs Tonnen wiegen, können bis 10.30 Uhr über die Altstadt in das Wohngebiet Neckarhalde ein- und ausfahren. Falls Fahrten nach 10.30 Uhr nötig sind, ist für die Altstadt eine Sondergenehmigung erforderlich, die per E-Mail an alleenbruecke@tuebingen.de beantragt werden kann. Ausfahren können die Fahrzeuge über sechs Tonnen jederzeit über die Rappenberghalde in Richtung Hirschau. Für PKWs ist diese Ausfahrt gesperrt. Der Campingplatz ist weiterhin für Fahrzeuge unter sechs Tonnen erreichbar. Wer eine größere Baustelle im Gebiet betreibt, wird direkt vom Baurechtsamt informiert.

Anwohner können sich bei Fragen per E-Mail an alleenbruecke@tuebingen.de wenden. Die Stadtverwaltung antwortet dann ab Dienstag, 22. April 2025. Antworten auf die wichtigsten Fragen gibt ab sofort die neue Seite www.tuebingen.de/alleenbruecke. Sie wird fortlaufend aktualisiert.

Problematischer Riss in der Brücke festgestellt

Im Dezember 2024 wurden sechs Spannstahlproben in der Brücke entnommen und zur Überprüfung an die Materialprüfanstalt Stuttgart geschickt. Eine genaue Prüfung der verbleibenden Qualität des Spannstahls ist grundlegend wichtig und unverzichtbar für die Beurteilung der Bestandsbrücke. Erfahrungen aus anderen Städten zeigen, dass Brücken aus Spannstahl leicht an Stabilität verlieren können. Die Zugfestigkeitsanalyse hat nun ergeben, dass sich an einer Probe der Alleenbrücke ein problematischer Spannungskorrosionsriss befindet. Mehrere Proben haben zudem einen oberflächlichen Rostbefall aufgewiesen, der aufgrund der alten Stahlsorte als problematisch gewertet wird. »Die Materialprüfungsanstalt hat uns als Vorsichtsmaßnahme empfohlen, die Tonnagebegrenzung für Fahrzeuge bis zu sechs Tonnen einzuführen«, sagt Thomas Swain, Projektverantwortlicher für die Alleenbrücke bei der städtischen Fachabteilung Brücken.

Die 80 Meter lange Alleenbrücke besteht aus zwei Teilbauwerken: Der 46 Meter langen Brücke über den Neckar und der 34 Meter langen Brücke über den Flutkanal. Sie stammt aus den frühen 1950er Jahren. Seit 2015 ist sie denkmalgeschützt. Ein Jahr später hatte eine einfache Bauwerksprüfung ergeben, dass die Tonnenbegrenzung von 30- auf 24-Tonnen-Fahrzeuge beschränkt wird. 2019 und 2022 fanden turnusmäßige Bauwerksprüfungen statt, die einen zwar geschädigten, aber wenig veränderten Zustand des Bauwerks feststellten. Die Tonnagebegrenzung von 24 Tonnen wurde bestätigt. 2024 begann die Ingenieursgemeinschaft Harrer Ingenieure und Carbocon mit der Instandsetzungsplanung. Erste Untersuchungen ergaben, dass eine Instandsetzung der Brücke möglich ist. Es folgten weitere engmaschige Untersuchungen in den darauffolgenden Monaten. Die Proben vom Dezember wurden aufgrund vieler Anfragen erst jetzt von der Materialprüfanstalt Stuttgart untersucht.

»Bisher ging die Stadt davon aus, dass die Alleenbrücke saniert werden kann. Nach den nun vorliegenden Erkenntnissen muss sie abgebrochen und neu gebaut werden«, sagt Soehlke. »Das wirft Fragen auf, die wir jetzt noch nicht beantworten können. Wir werden die Brücke engmaschig kontrollieren und umgehend reagieren, falls weitere Veränderungen zu sehen sind.« (pm)