REUTLINGEN. Mit spürbarer Vorfreude fiebern Reutlingens Narren auch heuer dem traditionellen Ausnahmezustand entgegen: den Tollen Tagen der fünften Jahreszeit, wenn Fasnet und Karneval ihren ultimativen Gaudi-Gipfel erreichen und Heerscharen kleiner und großer Kostümträger auf der Gass’ und in den Festhallen Party machen. So auch in der Achalmstadt, für die der 1863 gegründete Männerverein wieder drei große Events organisiert hat.
Straßenumzug, Prunkfestsitzung und Kinderfasching sind’s, die - wie jetzt beim Pressegespräch zu hören - dem närrischen Volk ordentlich Beine machen sollen. Auf dass einerseits das Brauchtum hochgehalten, andererseits die Leichtigkeit des Seins gefeiert werde: natürlich mit Prinzenpaar und Pomp, mit Rathaussturm und Rabatz, Luftschlangen und Gaudiwürmern sowie mit Guggamusik und Büttenreden, bei denen geschminkte Kommentatoren ungeschminkte Wahrheiten raushauen.
3.500 Hästräger bringen Schwung und Farbe in die Altstadt
Auf Touren kommt das närrische Treiben erstmals am Sonntag, 2. Februar, 13.11 Uhr, wenn der Männerverein rund 3.500 kostümierte Gäste zum Fasnetsumzug in der City erwartet. Hästräger, Gardemädels und Lumpenkapellen aus nah und fern haben sich hierfür angekündigt, wie der Vorsitzende des Vereins, Michael Frank, und die beiden Schriftführerinnen Karin Kapitel und Ines Hahn sagen.
Zufrieden ist das Trio mit der Zusammensetzung des über 90 Gruppen zählenden kunterbunten Trosses, der sich die Metzgerstraße abwärts über Bollwerk- und Wilhelmstraße bewegen wird, um sodann Oberamtei- und Kanzleistraße zu passieren und schließlich den Marktplatz zu erreichen, wo im Anschluss Party angesagt ist.
Klar, dass dort dann auch die Hexen los sein werden. Allerdings dosiert. Sie machen, so Michael Frank, etwa zehn Prozent der geladenen Hästräger aus. Was von den Veranstaltern ausdrücklich erwünscht ist. »Wir legen Wert auf eine möglichst vielfältige Mischung von Masken und Figuren«, erklären die Organisatoren. Zu hexenlastig soll der Umzug nämlich nicht sein. »Das wäre für die Zuschauer langweilig.«
Erfolg hängt vom Wetter ab
Und: Zu viele Mitwirkende wären ebenfalls ungut – weil sich die Straßenfasnet darob doch arg in die Länge zöge. Erfahrungsgemäß will sich das Publikum bei kühlen oder kalten Wintertemperaturen aber nicht Stund' um Stund' die Beine in den Bauch stehen. Weshalb Mega-Umzüge das Risiko sich bereits deutlich vor Veranstaltungsende leerender Straßensäume bergen: zur enormen Frustration all jener Narrenzünfte mit hohen Startnummern, die infolge ausgedünnter Zuschauerreihen fast ohne Applaus auskommen müssen.
»So etwas wollen wir unbedingt vermeiden«, betont Ines Hahn. Wiewohl der Erfolg jedes Fasnetsumzugs - egal wie durchdacht und minutiös durchgetaktet er auch sein mag - in erster Linie vom Wetter abhängt. »Petrus muss mitspielen.« Wenn nicht, drückt das unweigerlich die Stimmung und verwässert das Treiben.
Letzteres kostet vier Euro Eintritt. Wobei Kinder bis einschließlich zwölf Jahren kostenlos willkommen sind. Statt Tickets erhalten Zuschauer wieder Pappkrawatten, auf denen die Namen der teilnehmenden Gruppen in der Reihenfolge ihres Aufmarschs notiert stehen – inklusive der ihnen eigenen Narrenrufe. Damit das Publikum die Gäste – die weitgereistesten kommen aus Eggingen an der Schweizer Grenze, aus Neresheim und Aalen-Wasseralfingen sowie aus der Kurpfalz und aus Bayern – korrekt und gerne auch lautstark begrüßen kann.
Das nächste närrische Groß-Event folgt dann am Samstag, 1. März, 19.11 Uhr, mit der Prunkfestsitzung des Männervereins in der Reutlinger Stadthalle, für das der Kartenvorverkauf bereits begonnen hat. Tickets zu 22 Euro können bei Hahn-Reisen (Am Heilbrunnen 130) - allerdings nur per Barzahlung - erworben werden. Sie sind übrigens zwei Euro günstiger als Billetts an der Abendkasse. Im Preis enthalten ist jeweils ein Naldo-Busticket.
Freche Reden aus der Bütt und Tanzdarbietungen
Und was erwartet Besucher der Prunksitzung? Unter anderem Tanzdarbietungen, freche Reden aus der Bütt, Guggamusik, Travestie-Einlagen von Fräulein Wommy Wonder sowie das traditionelle Reutlinger Schandgericht und die Verleihung des »Ordens für Frohsinn und Geselligkeit«. Im Anschluss ans Bühnenprogramm darf geschwoft werden - auf einem Klangteppich, der von DJ Ernst O. ausgerollt wird.
Musik, Tanz, Spiele und Polonaisen mit dem Prinzenpaar stehen schließlich auch an Rosenmontag, 3. März, 14 Uhr, beim Kinderfasching in der Stadthalle auf dem Mitmach-Programm. Da die Veranstaltung für kleine Narren stark nachgefragt und fast immer ausverkauft ist, empfiehlt sich ein frühzeitiger Kartenkauf (ebenfalls bei Hahn-Reisen, Am Heilbrunnen 130). Fünf Euro kostet der Spaß pro Person. Kids bis einschließlich drei Jahre dürfen kostenlos mitfeiern. Auch in den Kinderfasching-Billetts ist die Naldo-Beförderung inkludiert. (GEA)