REUTLINGEN. Der Herbst ist da, ganz offiziell. Und ausgerechnet da bleibt der Reutlinger Herbst geschlossen? Wenn wir uns das Herbeieilen der dunklen Jahreszeit heute schon nicht schöntrinken können, reden wir drüber, suchen wir die Laus im Viertelesglas. Schlechtreden hilft doch immer und was uns nicht langweilt, lenkt immerhin ab.
Gegen Terrorsperren: Den Reutlingern wird ja gern nachgesagt, im Überall-das-Negative-sehen seien sie besonders gut. Also erst das Offensichtlichste: diese Terrorsperren! Sogar in der Wilhelmstraße ragen sie auf, unübersehbar, unumstößlich, klobig. 16 dieser Kolosse hat die Stadt im Oktober 2024 angeschafft und beim Weihnachtsmarkt erprobt. Im Mai wurden nochmal 16 nachgeordert. »Zufahrtssperren« heißen sie offiziell. Und wirken auch gegen den gemeinen Kampfradler: Beim Antreppeln in der Metzgerstraße haut den einen oder andern Pedaleur bereits der bloße Anblick in den Kandel. Wer die Nerven bewahrt und es drüberschafft – mit Schwung ist die Steigung gerade so zu meistern –, muss bloß aufpassen, dass er sich nicht mit dem Trachtenjanker oder Cape an den aufragenden roten Dingern verfängt. Ein Trost: Die Terrorabsperrungen in Stuttgart sehen noch krasser aus.
Für Inklusion: Wie steht es dabei um die allseits hochgehaltene Barrierefreiheit? Seit der Eröffnung am Mittwochabend dürfen das die Rollstuhlfahrer, Rollator- und Kinderwagenschieber dieser Stadt erproben. Siehe da: Vom Weindorf-Besuch hält so ein Abwehrtrumm keinen Senior ab – und auch nicht die anderweitig Geheingeschränkten. »Kein Problem«, lautete zumindest am Auftaktabend die entschieden frohgemute Auskunft eines Betroffenen. Anmerkung des Rollstuhlschiebenden: »Mit ama Audo dädsch do au durchbassa. Mit ma gloina auf jeda Fall.« Wenn sich das mal nicht herumspricht.
Gegen Pyromanen: Apropos herumsprechen: Dass in Reutlingen ein Feuerteufel sein Unwesen treibt, das ist spätestens seit der Erwähnung in der »Tagesschau« kein Geheimnis mehr. Mülleimer, Jugendcafés, Garagen – nichts scheint den Zündlern heilig. Dass da nun 18 Tage lang sechs wunderschöne hölzerne Lauben im Stadtzentrum herumstehen, ist das nicht wie Öl ins Feuer eines Pyromanen gießen? Vorsichtshalber sei die Nachtwache mit Feuerlöschern ausgestattet worden, heißt es dazu aus gut informierten Kreisen.
Fürs Sitzfleisch: Angrenzende Händler beschweren sich, wenn die Kunden durch die Lauben schwerer an ihre Auslagen gelangen. Der kluge Händler aber passt sich an. Indem er etwa bierbankkompatible Kissen ins Sortiment nimmt. Das Sitzfleisch fürs Handtäschle kam beim vergangenen Reutlinger Herbst jedenfalls super an. (GEA)