REUTLINGEN. Der Letzte macht das Licht aus, ist von gestern. Heutzutage steuert die Technik eines modernen Gebäudes auch seine Beleuchtung. Doch die Antwort auf die Leserfrage, warum gelegentlich in einzelnen Räumen des neuen Landratsamtes Reutlingen die ganze Nacht durch Lampen brennen, ist interessant. Als Bauleiter der Georg Reisch GmbH, die den neuen Verwaltungssitz errichtet, hat Andreas Hugger dazu eine Menge zu erzählen.
Richtig beobachtet habe der Leser. Es könne durchaus sein, dass hier und da im künftigen Amt, in dem rund 1.000 Mitarbeitende beschäftigt sein werden, keine Dunkelheit herrscht, obschon noch niemand dort in den Büroräumen seinen Geschäften nachgeht. Es sei denn, es handelt sich um Handwerker, Bauarbeiter, Technikexperten. »In den Treppenhäusern haben wir eine Art Notbeleuchtung. Es kann immer mal jemand drin sein«, erklärt Hugger. »Die brennt aber nur, wenn's dunkel ist.« Es handele sich dabei um stromsparende Lichterketten. Sicherheit geht eben vor.
Keine Lichtschalter wie früher
Jenseits dieser Minimalbeleuchtung komme es immer mal wieder vor, dass einzelne Zimmer hell bleiben. Wieso dem so ist, macht der Bauleiter mit einem Ausflug in die moderne Gebäudetechnik deutlich: »Licht wird nicht mehr wie früher mit dem Lichtschalter angestellt.« Das althergebrachte Verfahren, mit einem Schalter den Stromkreis hin zu irgendeinem Leuchtmittel zu schließen, kennt jeder aus seiner Wohnung. Im neuen Landratsamt gibt es erstens nur noch wenige Lichtschalter, zweitens funktionieren sie ganz anders.
»Heute schicke ich mit dem Schalter ein Signal an den Steuerschrank«, sagt Hugger, »der dann fürs Licht den Strom gibt«. Das läuft über verschiedene Bussysteme, mit denen sich Computer auch in anderen technischen Wunderwerken wie Automobilen unterhalten. »Es gibt im neuen Landratsamt verschiedene Bussysteme«, beschreibt der Fachmann eine strikte Abgrenzung etwa zwischen sensiblen Daten und eben auch Funktionen wie Klimatisierung und Beleuchtung. »Die ganze Gebäudeautomation geht über ein separates Netzwerk, das vom Datennetzwerk des Landratsamtes über eine Hardware-Firewall physikalisch getrennt ist«, sagt der Experte.
Programmierte Beleuchtung
Aber weswegen knipst ein Schalter nicht einfach das Licht an, werden Datenleitungen und Computer damit beschäftigt? »Der große Vorteil ist, dass ich Licht auf verschiedenen Wegen einschalten kann«, sagt Hugger. So hellt sich ein Gang erst dann auf, wenn Bewegungsmelder einen Menschen dort registrieren. Oder wenn es draußen dunkel wird - so lange, bis das einfallende Sonnenlicht ausreichend ist. Die vorgeschriebene Beleuchtungsstärke in den Büros und Gängen und Räumen ist Teil von ausgefeilten Programmierungen.
Das neue Landratsamt ist ein »Smart Building«, verrät Hugger. Für ganz vieles gibt es gut durchdachte Prozeduren. Bevor es in den Arbeitszimmern hell wird, prüft das intelligente Gebäude, ob da jemand drinnen sitzt, die durch die großzügigen Fenster hereinkommende Leuchtstärke ausreicht. Schließlich auch, wie der Mensch am Schreibtisch es eventuell gerne anders hätte. Dazu können die Mitarbeiter an ihrem Personalcomputer die Automatik übersteuern.
An der Automatik wird gearbeitet
»Wenn Licht brennt, wird noch an der Automatik gearbeitet«, fasst Andreas Hugger zusammen. Vieles sei Gegenstand intensiver Programmierung, werde ausführlich getestet. Pro Stockwerk gibt es vier zentrale Schaltschränke, denen mittels Software das gewünschte Verhalten antrainiert werden muss. Nebenbei bemerkt kostet die eine oder andere Übungsstunde mit brennenden Lichtern nur wenig, denn die rund 2.000 im neuen Landratsamt verbauten Leuchten sind allesamt extrem sparsame LEDs. (GEA)
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