KREIS REUTLINGEN. Der gefährliche Eichenprozessionsspinner ist im Land und in der Region massiv auf dem Vormarsch. Die gesundheitsgefährdenden Raupen vermehren und verbreiten sich auf Bäumen und Büschen. Davor warnt seit etwa einer Woche auch ein neues Frühwarnsystem auf der Internetseite des Deutschen Wetterdienstes (DWD) online. Das Programm, das zusammen mit Forstliche der Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) und der Universität Wien entwickelt wurde, zeigt die Ausbreitung der Eichenprozessionsspinner und deren Entwicklungsstadien für ganz Deutschland an. Wer dabei beispielsweise die Werte für Reutlingen und die Region abruft, erkennt anhand der interaktiven Karte, auf der dann auch die Umrisse von Reutlingen zu sehen sind, wie sich die Raupen ausbreiten und in welchem Stadium sie sich befinden.
Die Vorhersage ist für eine knappe Woche im Voraus abrufbar. Für die Karwoche zeigt die Karte eine nahezu flächendeckende Ausbreitung der Tiere im gesamten Kreis Reutlingen, genauso wie in den umliegenden Landkreisen Tübingen, Esslingen, Sigmaringen sowie im Alb-Donau-Kreis und im Zollernalbkreis.

Dabei zeigen unterschiedliche Farben das Entwicklungsstadium im Lebenszyklus der Falterart an. Das ist laut den beteiligten Entwicklern wichtig, denn im Larvenstadium, dann, wenn die Tiere als Raupen leben, entwickeln sie ihre gefürchteten Brennhaare. Der Kontakt mit diesen Brennhaaren ruft juckende und entzündliche Hautausschläge sowie Augen und Atemwegserkrankungen hervor. Bei besonders empfindlichen Personen kann die Reaktion bis zum anaphylaktischen Schock führen, warnt unter anderem das baden-württembergische Landwirtschaftsministerium.
Deshalb wird empfohlen, bei Waldspaziergängen oder Waldarbeiten in den kommenden Tagen und Wochen besonders vorsichtig zu sein. Besonders in der Nähe von Eichen, wo sich die Populationen der Raupen bevorzugt vermehren und ihre Haare abstoßen, die sich auch über die Luft verbreiten. Bei körperlichen Beschwerden nach einem Kontakt rät das Ministerium, einen Arzt aufzusuchen.
Eichenprozessionsspinner gelten demnach außerdem als Pflanzenschädlinge, weil sie nicht nur ihre Wirtsbäume kahlfressen, sondern auf ganzen Lichtungen Kahlfraß verursachen können. Viele Kommunen, wie beispielsweise Tübingen, sind mittlerweile dazu übergegangen, die Schädlinge mit Schädlingsmitteln oder Bioziden zu bekämpfen oder Bäume und Sträucher regelrecht abzusaugen.
Belastung wächst mit fortschreitender Klimakrise
In Zukunft sei mit einer deutlich höheren Belastung durch die Insekten auch in der Region zu rechnen. Der DWD verweist auf die fortschreitende Klimakrise: »Das Auftreten des Eichenprozessionsspinners in Mitteleuropa nimmt seit Anfang der 1990er Jahre stark zu. Infolge der Klimaänderung gilt er im Wald sowie auf mit Eichen bewachsenen Grünflächen im ländlichen und urbanen Raum als Dauerschädling.«
Die Entwickler des Frühwarnsystems mit dem dazugehörigen Online-Tools auf der Internetseite des DWD möchten damit nicht nur Spaziergängern oder Ausflüglern helfen. In einer Mitteilung des DWD heißt es: »Das kostenfreie Tool richtet sich an die Praxis in der Forstwirtschaft und Baumpflege, an Waldbesitzer, Behörden, Unternehmen, Freizeiteinrichtungen sowie an die allgemeine Öffentlichkeit.« (GEA)