REUTLINGEN. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte zwar vor heftigen Gewittern in der Region gewarnt, doch diese eindrucksvolle und mächtig wirkende Gewitterwolke über dem Reutlinger Stadtgebiet, die hatten die Meteorologen nicht auf dem Schirm. Die DWD-Warnung für die Zeit ab etwa 22 Uhr beinhaltete allerdings alle Zutaten eines schweren Gewitters: Blitze, Hagel, Starkregen, schwere Sturmböen, herabfallende Äste, Überflutungen. Alles zusammen könne Lebensgefahr bedeuten. Doch nach nur einer knappen halben Stunde hob der DWD die Warnung wieder auf. Denn so mächtig sich die Gewitterfront über der Region Neckar-Alb aufgebaut hatte, so rasch löste sie sich auch wieder auf. Das galt auch für die »Monster-Gewitterwolke« über Reutlingen. Was folgte, war mehr oder weniger starker Regen.
Einer, der sich mit Extremwetterereignissen auskennt und sie sogar weltweit dokumentiert, ist der Reutlinger Marco Kaschuba. Er filmte am Montagabend die Gewitterwolke über Reutlingen vom Hohbuch aus. Auf seinem Video ist gut zu erkennen, wie an einer bestimmten Stelle bei Reutlingen die Energie aus Wärme und Feuchtigkeit regelrecht aus direkter Bodennähe »hochgesogen« wird: »Ich bin Meteorologe und hatte schon den Eindruck, das hat die Ansätze einer Superzelle«, erklärte Kaschuba dem GEA. Eine solche Superzelle war es auch, die sich im Sommer 2013 über Reutlingen und der Region aufgebaut hatte und bekanntlich für die verheerenden Hagelschäden in Milliardenhöhe gesorgt hatte.
Doch wie sich eine Gewitterzelle entwickelt und welche Zerstörungskraft sie tatsächlich freisetzt, das kann auch der DWD nicht explizit vorhersagen. So war es jedenfalls bei der Reutlinger »Monster-Gewitterwolke«. Ein DWD-Sprecher meinte: »Wir können warnen, vor dem, was bei einer solchen Wetterlage alles möglich ist.« In die Entwicklung von Gewitterwolken hineinschauen könne man nicht.
Marco Kaschubas Jagdinstinkt war jedenfalls geweckt: »Ich habe mich dann auf den Weg gemacht, um genau hinzusehen.« Er sei in den Westen Reutlingens gefahren: »Zwischen Ohmenhausen und Wannweil ist dann tatsächlich auch Hagel heruntergekommen. Körner in der Größe zwischen ein und zwei Zentimeter.« Das habe aber nicht lange gedauert, nur einige Minuten. »Es hätte schwerere Schäden geben können. Schließlich sind die Bäume dicht belaubt. Auch größere Äste hätten unter dem Gewicht des Hagels abknicken können«, so Kaschuba. Größere Schäden habe er auf seiner Tour aber nicht feststellen können. Auch die Polizei hat keine Informationen auf nennenswerte Schäden veröffentlicht.
Nach einer knappen Stunde war die »Monster-Gewitterwolke« verschwunden und es regnete nur noch ausgiebig. Reutlingen ist mit einem leicht blauen Auge davongekommen. Die »Monster-Gewitterwolke« hat nur noch eine Nachwirkung: Sie ist Gesprächsthema in der Stadt. (GEA)